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■ KolumneBier-Geschichten aus dem Wenn-Dann-Universum

Wenn ich groß bin, werde ich mich zum Bundeskanzler wählen lassen. Steuererleichterungen, Vollbeschäftigungen und mehr Fernsehkanäle werde ich versprechen, aber auf der Bundespressekonferenz am Tag nach der Wahl werde ich mein wahres Ziel verkünden lassen: Verbot jeglicher Werbung.

Die Aufregung wird groß sein, die Lobbyisten der Wirtschaft (und meine lieben Freunde, denn alle meine Freunde sind faul und geldgierig, also landen sie früher oder später in der Werbung) werden alle Hebel in Bewegung setzen, um mich umzustimmen. Schließlich, nach langen (zähen) Verhandlungen werde ich mich auf einen Kompromiß einlassen: Es wird lediglich die Bierreklame im Fernsehen verboten (natürlich ging's mir von Anfang an um nichts anderes, aber ich wäre nicht Bundeskanzler geworden, wäre ich nicht ein gewiefter Taktiker).

Denn gerade jetzt, wo die schöne Zeit der Fußballübertragungen wieder angebrochen ist, wo man schon wegzappen muß, wenn der Schiedsrichter die Pfeife zum Halbzeit- oder Schlußpfiff ansetzt, damit man nicht wieder angebrüllt wird: „Dieses Europacupspiel präsentiert Ihnen Krrrombacher Pilllllsener!“, wird jeder Mensch zugeben müssen: Es gibt nichts Ekligeres. Beispiele? Gerne: „Münchens schönste Zeit ist die Biergartenzeit...“ (Kein Weißbier-Kenner - wovon es gerade in München recht viele gibt, - wird freiwillig Paulaner trinken), „Sssaaaiiil awaaayyy, dreeeeaaam your dream...“ (singt das eigentlich Hans Hartz?), „Some people like to rock, some people like to roll...“ (Wirbt für „Frisches Veltins“, nicht etwa „Abgestandenes Veltins“) oder, am gehirnkäsemachendsten: „Schubidubidei, it' a lovely day, bumschibum, formidable, dadadadadabada, it's so nice, it's like paradise“ (dazu der eingeblendete Hinweis, daß man diesen Song ja auch auf Platte kaufen könne - modernes Marketing wird natürlich gleich nach der Bierreklame verboten).

Auch nicht viel besser: die beiden Holsten-Deppen mit ihren betont originellen Sprüchen (“... haben wir es in diese schicken Karaffen gefüllt...“ - der Höhepunkt der Witzischkeit ist erreicht, wenn im Hintergrund der Kellner stolpert). Fast so originell wie jetzt die Faxe-Plakate, an denen man nicht vorbeisehen kann, muß man, wie ich, mehrmals täglich die Max-Brauer-Allee runter: „Guck mal, keine Dose“ und „Die wollen wir aber wiederhaben“ (könnte es sein, daß diese Sätze noch von der Lucky-Strike-Kampagne übriggeblieben sind, als Rohfassung von „Tun sie das nie wieder!“ sozusagen? Oder kopiert hier wieder nur eine Agentur die andere?)

Wie die Waschmittelwerbung in den 70ern, so beweist die Bierreklame der 90er, daß die Kultur in diesem Land, die, wie erzählt wird, vor einigen Jahrhunderten in beispielloser Blüte gestanden haben soll, mausetot ist. Daß Hopfen und Malz absolut verloren sind (buchstäblich, hähähä). Damit der Umsatz der Brauereien jedoch nicht völlig einbricht, werde ich sämtliche Radiostationen anweisen, mehrmals am Tag Tom T. Halls „I Like Beer“ (“I like beer, it make me a jolly good fellow, and sometimes it makes me feel mellow, whisky's too rough, Champagne costs too much...“ usw) auszustrahlen.

Wenn sich dann soweit die Gemüter beruhigt haben, werde ich zum nächsten großen Schlag ausholen: Verbot der Benetton-Werbung.

Detlef Diederichsen

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