: Unterm Strich
Mit einer ungenehmen Nachfrage sieht sich der Berliner Ch. Links Verlag konfrontiert. Der dem neofaschistischen Spektrum zuzurechnende Deutsche Buchdienst des sogenannten „Freiheitlichen Buch- und Zeitschriften-Verlages München“ hat nämlich mehrere Dutzend Exemplare des Titels „Der arme Epstein. Wie der Tod zu Horst Wessel kam“ geordert. Autor Heinz Knobloch setzt sich darin mit den mythisch verklärten Todesumständen des SA-Führers Wessel auseinander, der durch das nach ihm benannte Lied in der Zeit des Nationalsozialismus zum Vorkämpfer stilisiert wurde. Knobloch schildert, wie es kam, daß Sally Epstein zum ersten jüdischen Opfer der NS- Justiz wurde; Epstein, der niemals mit Horst Wessel zusammentraf, wurde wegen Mordes an jenem zum Tode verurteilt.
Beim Links Verlag regt sich nun heftigster Widerwille gegen die Vorstellung, daß Knoblochs Buch demnächst im Versandkatalog der Doitschtümler neben sprechenden Titeln wie „Asylbetrug und Überfremdung“, „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“ sowie Videos über die Waffen-SS und die Vertreibung aus den Ostgebieten zu finden sein wird. Man hat daher die Werbung für das Buch untersagt. Rein gar nichts kann man allerdings aus wettbewerbsrechtlichen Gründen gegen den Verkauf im revisionistisch-rassistisch-neofaschistischen Umfeld des Deutschen Buchversands tun. Jeder Besteller muß beliefert werden. Der Links Verlag verfiel angesichts dieser Aussichten auf eine Lösung, die der Münchner Bande hoffentlich recht quer im Halse steckenbleiben wird: Der Verkaufserlös wir an die Stiftung „Centrum Judaicum“ überwiesen.
Selten genug befindet sich unsereiner im Konsens mit bayerischen Kulturpolitikern. In dieser Sache allerdings ist er unabweisbar: Auch wir sind gegen eine Zusammenlegung des Germanischen Nationalmuseums (Nürnberg) mit dem Deutschen Historischen Museum (Berlin). „Es ist absurd, Museen zu fusionieren, die 400 Kilometer auseinanderliegen“, sagte vor dem kulturpolitischen Ausschuß des Landtags Herr Schosser (CSU). Das finden wir auch! Was uns besonders kratzt, ist allerdings nicht die von Herrn Schosser befürchtete „Degradierung des Nationalmuseums“, sondern die Einverleibung der Vor- und Frühgeschichte dieses unseres Gemeinwesens in seine doch noch recht frische Geschichte als Nation.
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