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Alles wird gut unterm Regenbogen

■ “Naturgesetz Partei“ stellte sich in Bremen vor / Meditation löst alle Probleme

Meditieren löst alle Probleme, meinen diese HerrenFoto: Oberheide

Wenn es 5.000 BremerInnen nur wirklich wollen, sieht unsere Zukunft rosig aus: „Die Kriminalitäts- und die Infektionsrate gehen zurück, Arbeitslosigkeit, Selbstmorde und Umweltverschmutzung nehmen ab, und das Pro- Kopf-Einkommen sowie der Börsenindex und die Anzahl der Patentanmeldungen steigen.“ Das jedenfalls verspricht die „Naturgesetz Partei“, deren Bremer Landesverband sich gestern vorstellte. Der Weg zu „Wirtschaftswachstum und Wohlstand“ und einem „Deutschland frei von Kriminalität, Krankheit und Umweltverschmutzung“ geht nach dem Willen der neuen Partei über die „Transzendentale Meditation“ (TM).

„Wir bringen Wissenschaft in die Politik“ verkünden die meditativen Parteipolitiker und kämp

fen gegen das Hokus-PokusImage ihrer Vereinigung. Als „grundlegende Alternative“ zu den anderen Parteien will sich die „Naturgesetz Partei“ verstanden wissen. Die nämlich „kurieren nur an Symptomen, wenn sie zur Problemlösung immer mehr Sachmittel einsetzen“, sagt Klaus Kairies, Erster Vorsitzender der Partei in Bremen. Die Naturgesetzler dagegen wollen „die Menschen in Einklang mit der Natur und dem Kosmos“ bringen und ihnen helfen, ihr Bewußtsein zu entwickeln, um so die Probleme an der Wurzel anzugehen. Daher schlagen sie dem Bremer Senat vor, 100 bis 120 TM-Experten hier zu versammeln und die Lage

der Stadt „durch eine gemeinsame Willensanstrengung zu verbessern“: Gemeinsames Meditieren, davon sind sie überzeugt und wollen es mit Beispielen aus aller Welt belegen, würde zum Beispiel die Beschaffungskriminalität der Drogenszene in Bremen stark reduzieren.

Schon lange versuchen die AnhängerInnen des indischen Gurus Maharishi Mahesh Yogi, die Welt von TM zu überzeugen. Nun, mitten in der allgemeinen Politik- und Parteienverdrossenheit, ist für sie die Gründung der „Naturgesetz Partei“ der beste Weg, um die Menschen mit ihrer Botschaft zu erreichen, sagen sie. Sie wollen bundesweit zu den Wahlen im nächsten Jahr antreten und auch 1995 für die Bremer Bürgerschaft kandidieren. Bei den Wahlen im Hamburg vor zwei Wochen trat die „Naturgesetz Partei“ zum ersten Mal an und vereinigte 1.800 Stimmen auf sich. „Ein großer Erfolg für eine unbekannte Partei“, meint der Bremer Vorsitzende.

Mit ihrem Wissen wollen die NaturgesetzlerInnen aber nicht geizen. Im Gegenteil, den anderen Parteien sollen die Methoden der TM als Mittel für eine bessere Politik zur Verfügung gestellt werden. „Seit zwanzig Jahren gibt es unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen, die uns recht geben“, heißt es. Und manchmal werden sie ob der geballten Unvernuft und der Verkennung ihres erleuchtenden Instrumentariums auch etwas ungeduldig: „Das ist eine ganz praktische Sache, die sollte endlich mal angenommen werden.“

Politische Strategien lassen sich die Herren des Bremer Landesvorstandes, die sich mit dem Zeichen des Regenbogen präsentieren, nicht entlocken: Das Bewußtsein bestimmt das Sein, das muß reichen. Und auch wenn sie sich nicht so recht einig sind, ob sie nun die politische Macht anstreben oder nicht, die Ziele sind klar: „Vereinfachung der Verwaltung, Steuersenkung, vorbeugendes Gesundheitssystem, Ausbildung zu höherem Bewußtsein, unbesiegbare nationale Verteidigung“. Über die Wege gibt es keinen Zweifel: Durch TM den Geist des Universums in sich spüren und so alle Probleme dieser Welt lösen.

Bernhard Pötter

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