■ Schöner leben: Für meine Eieruhr
Schöner leben
Für meine Eieruhr
Die kleinen Dinge. Sie nerven oder rühren uns, wir verachten sie oder legen sie in Vitrinen, aber hastenichtgesehn: heben sie uns hoch in schwindelnde Geisteshöh'n und zeigen uns, wie Lehrmeister aussehen.
Wie meine Eieruhr. Ein grauslig modisches Teil, schwarz, von Designerhand gefoltert und zu einem kackhaufgleichen Kegel verformt. Nicht zum Ansehen. Erst recht nicht zum Anfassen. Fettige Backfinger gleiten drauf ab. Die Zahlen sind unleserlich. Die Zeit ist ungenau. Und das Schlimmste: Sie klingelt nach Ablauf der Eierzeit nur nach Gusto, nie zuverlässig. Kurz: Mein Haß auf sie kennt überhaupt keine Grenzen mehr.
Kannte. Neulich fiel sie hin und gab gar keinen Klingellaut mehr her. Aus! Aus? Was tun mit den Eiern ohne Ersatzeieruhr?
Es geschah. Ich lernte, auf das Ticken zu hören. Nach etlichen harten Eiern war ich in der Lage, das Ende des Tickens zu erfassen. Heute kann ich sagen, mich alarmiert das Schweigen der Eieruhr. Und die Eier werden wieder gut. Ja, Meisterin, ich weiß: Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Burkhard Straßmann
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