Schüsse in Belet Huen

■ Italienische UN-Soldaten und Somalis verletzt / Neue Diskussionen in Bonn

Mogadischu (taz/AFP/AP) – Vier italienische Blauhelmsoldaten mußten gestern im Feldlazarett der Bundeswehr im nordwestsomalischen Belet Huen behandelt werden, nachdem sie bei einem Schußwechsel mit somalischen Milizen verletzt worden waren. Zu dem Gefecht war es gekommen, als italienische Soldaten ein in der Stadt entdecktes Waffenlager räumen wollten. Bei der Auseinandersetzung wurden auch mehrere Somalis verwundet. Deutsche Soldaten waren in das Scharmützel nicht verwickelt. Das Lager der rund 1.700 bei Belet Huen stationierten Bundeswehrsoldaten ist nach Angaben des Bonner Verteidigungsministeriums zu keiner Zeit gefährdet gewesen.

Verteidigungsminister Volker Rühe räumte inzwischen ein, daß Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Belet Huen in den letzten Tagen zugenommen hätten. Nach Ansicht von Beobachtern ist der Schußwechsel nicht unbedingt als Zeichen des Widerstandes gegen die Präsenz von UNO-Truppen in der Region zu deuten.

Vielmehr wachsen offenbar vor allem in den Kreisen der einflußreichen rivalisierenden Clans der Hawardle und der Marehann Befürchtungen, es könne zum Ausbruch neuer Kämpfe zwischen den Clans selbst kommen. Beide Seiten sind besorgt, daß Entwaffnungsaktionen sie schutzlos dem Gegner preisgeben würden.

Die Ereignisse in Belet Huen haben den innenpolitischen Streit um die Mission der Bundeswehr in Somalia neu entfacht. Außenminister Klaus Kinkel wandte sich nachdrücklich gegen die Forderung nach einem Abzug deutscher Soldaten gemeinsam mit dem US- Kontingent am 31. März nächsten Jahres. Der deutsche UNO-Einsatz könne nicht mit dem amerikanischen verknüpft werden, erklärte der Minister.

Sein Kabinettskollege, Verteidigungsminister Volker Rühe, warnte in einem Interview davor, daß es in verschiedenen Landesteilen Somalias zu Unruhen kommen könne, wenn die UNO sich nicht auf eine politische Lösung besinne.

Die SPD-Politiker Oskar Lafontaine, Heidemarie Wieczorek- Zeul und Günter Verheugen haben am Wochenende den Abzug der Bundeswehr aus Somalia gefordert. Für Friedenspreisträger Friedrich Schorlemmer ist die UN- Hilfsaktion „längst zu einer hilflosen Intervention geraten“.

Unterdessen erscheint es immer unwahrscheinlicher, daß es somalischen Milizen in Mogadischu tatsächlich gelungen ist, außer dem US-Hubschrauberpiloten Michael Durant noch weitere amerikanische Geiseln in ihre Gewalt zu bekommen.

Drei noch nicht identifizierte Leichen sind in der somalischen Hauptstadt gefunden worden, bei denen es sich vermutlich um bisher vermißte US-Soldaten handelt. bg