: Israels Ministerpräsident in China
■ Wirtschaftskooperation und Waffenlieferungen als Themen / Spekulationen um geplanten Anschlag auf Arafat
Tel Aviv (taz) – Mit Jitzhak Rabin besucht derzeit zum ersten Mal ein israelischer Regierungschef die Volksrepublik China. Die beiden ersten Tage der insgesamt viertägigen Reise sind Gesprächen mit chinesischen Regierungs-, Militär- und Parteiführern gewidmet. Dann begibt sich Rabin nach Schanghai, wo er unter anderem an der Universität einen Vortrag halten soll.
Der israelische Ministerpräsident, der zugleich auch Verteidigungsminister ist, wird auf seiner Reise begleitet von dem Gouverneur der israelischen Staatsbank, Frankel, Regierungssekretär Rubinstein, dem Generaldirektor des Ministerpräsidiums, Schewes, Beamten des Außenministeriums, Offizieren sowie einer Reihe von Vertretern der Wirtschaft.
Der Generaldirektor der israelischen Flugzeugindustrie, Mosche Keret, hält sich bereits in Peking auf und wird sich dort der Entourage Rabins anschließen. Die Israel Aircraft Industries (IAI) wollen ihr Verkaufsprogramm in China wesentlich erweitern. Während des Rabin-Besuchs wird in Peking eine Ausstellung der IAI und anderer israelischer Produzenten auf dem Gebiet der Flugindustrie und Elektronik eröffnet.
Auch Schaul Eisenberg, eine führende Persönlichkeit des israelischen Wirtschaftslebens, wird sich an einigen der Geschäftsverhandlungen Rabins in China beteiligen. Seine Firmen haben seit 1979 die israelischen Handelsbeziehungen mit der Volksrepublik entwickelt und sind dort gegenwärtig Besitzer einer großen Anzahl von Unternehmen. Eisenberg war in der Vergangenheit Vermittler bei der Abwicklung umfangreicher israelischer Waffengeschäfte mit China. In leitender Position in Eisenbergs Firma ist gegenwärtig auch Mosche Arens tätig, der unter der früheren Likud-Regierung Verteidigungsminister war und in dieser Funktion bereits vor zwei Jahren in China weilte.
Rabin wird von seinen Gesprächspartnern verlangen, keine weiteren Lieferungen chinesischer Raketen, Massenvernichtungswaffen oder entsprechendes Know- how an Länder wie beispielsweise den Iran zu tätigen, Staaten, von denen sich Israel militärisch bedroht fühlt. Andererseits wird China von Israel fordern, keine Waffen an Taiwan zu verkaufen. Gegen derlei israelische Geschäfte hatte Peking bereits in der Vergangenheit protestiert.
Die Regierung in Peking hofft, daß eine friedliche Lösung des Konflikts im Nahen Osten erweiterte Geschäftsmöglichkeiten mit sich bringt und eine wesentliche Expansion des chinesischen Handels mit den Ländern des Nahen Ostens (gegenwärtig insgesamt 2,3 Milliarden Dollar) sowie die Beteiligung Chinas an geplanten regionalen Aufbauprojekten ermöglichen wird. Auch PLO-Chef Jassir Arafat hatte China im September einen Besuch in Peking abgestattet und war dort als Staatsoberhaupt empfangen worden.
Tayeb Abdul Rahim, PLO-Botschafter in Amman, hat unterdessen am Wochenende gegenüber der Nachrichtenagentur Reuter behauptet, vor zwei Wochen sei ein Mordanschlag auf Arafat vereitelt worden. Die Attentäter hätten versucht, Arafats Flugzeug in die Luft zu sprengen. Hinter den Verschwörern stehe angeblich der Fatah-Revolutionsrat von Abu Nidal, der jedem erfolgreichen Arafat-Mörder die Summe von 50.000 Dollar versprochen haben soll.
Nach Berichten in der Ost-Jerusalemer Presse sollen „Dutzende von palästinensischen Sicherheitsleuten“ in Tunis festgenommen worden sein, die angeblich den Mord an Arafat und anderen palästinensischen Führern, die das PLO-Abkommen mit Israel unterstützen, mitgeplant haben. Später wurden diese Berichte von Arafat- Mitarbeiter und Sicherheitschef Hakam Balawi dementiert. Andere PLO-Beamte in Tunis bestätigten einstweilen, daß fünf Gehilfen des Arafat-Beraters Hani al Hassan am vergangenen Donnerstag verhaftet wurden. Hani al Hassan und sein Bruder Khalid, beide führende Mitglieder von Arafats Al Fatah, gelten als scharfe Gegner des Abkommens mit Israel. Alle diese Affairen, Gerüchte, Beschuldigungen und Dementis wurden just am Vorabend einer Sitzung des Zentralrats der PLO bekannt, auf der das Gremium über das Gaza-Jericho-Abkommen entscheiden soll.
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