: Streit über Heitmann wird immer munterer
■ Jetzt auch Kritik aus der Ost-CDU / Kohl ist beleidigt und will mit dem Kopf durch die Wand / Heitmann hat größte Fangemeinde bei den Reps
Chemnitz/München (dpa/taz) – Je breiter der Widerstand gegen die Kandidatur Steffen Heitmanns für das Amt des Bundespräsidenten innerhalb und außerhalb der CDU wird, um so halsstarriger hält Helmut Kohl an seinem Schützling fest. Der Bundeskanzler kündigte auf dem CSU-Parteitag in München an, die Union werde „mit äußerster Entschiedenheit“ gegen die „bösartige Kampagne“ gegen Heitmann vorgehen. „Was die Linke in Deutschland an Heitmann stört, ist, daß er ein Wertkonservativer ist“, sagte Kohl. Mit der öffentlichen Kritik an dem Kandidaten werde versucht, „einen Mann fertigzumachen“. Die Äußerungen Heitmanns würden sicher „im einen oder anderen Fall anders ausfallen“, wenn er nicht aus der DDR stamme, sagte der Bundeskanzler. Ein Mann, der im „großen Gefängnis“ der DDR gelebt habe, sei eben nicht weltläufig. Die Versuche aus den Reihen der CDU, sich durch Heitmann-Kritik zu profilieren, seien „ziemlich armselig“.
Während der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Sprecher Richard von Weizsäckers, Friedbert Pflüger, der als erstes CDU-Mitglied Heitmanns Eignung für das höchste Staatsamt in Frage gestellt hatte, erklärte, mit ihm würde Deutschland ein „Waterloo“ erleben, befand der CSU-Vorsitzende Theo Waigel, daß die Kritik von Arroganz zeuge, „von Überheblichkeit und vor allem von Mißachtung und dem Fehlen parteiinterner Minimalloyalität“. Sein Gegenangriff konnte ebenso wie Kohls markige Worte nicht verhindern, daß sich weitere CDU- Dissidenten zu Wort meldeten.
Der Brandenburger CDU-Abgeordnete Immo Lieberoth sagte, er halte den sächsischen Justizminister für „nicht geeignet für dieses Amt“. „Heitmann vertritt nicht die Mehrheit der Ostdeutschen“, sagte er. Der Ex-Verkehrsminister Günther Krause kritisierte den Streit um die Weizsäcker-Nachfolge als „peinliche Situation“ für die Bonner Koalition und forderte einen Kandidaten, „der über die Parteigrenzen hinweg akzeptiert wird“.
Würde der Bundespräsident direkt vom Volke gewählt, wie es der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim erneut angeregt hat, hätte Heitmann keinerlei Chance. Nach einer Umfrage des Forsa-Institutes halten 61 Prozent der Befragten ihn schlicht für inakzeptabel. Im Osten glauben nur fünf Prozent, daß er ein guter Bundespräsident wäre, im Westen elf. Die größte Unterstützung mit 25 Prozent hat der sächsische Justizminister nicht bei den Anhängern seiner eigenen Partei, sondern bei denen der „Republikaner“.
Vor dem Hintergrund seiner Äußerungen zur NS-Vergangenheit hatte der jüdische Weltkongreß in New York Ende vergangener Woche seine Mitglieder in achtzig Ländern aufgefordert, gegen die Kandidatur Heitmanns zu protestieren. Heitmann beklagte am Rande des sächsischen CDU-Landesparteitags in Chemnitz diese Kritik. Die Diskussion um seinen Standpunkt zum Nationalsozialismus sei durch Äußerungen zustande gekommen, die nicht im Zusammenhang gelesen worden seien, sagte er. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, zeigte sich wiederum auch nicht glücklich über die Äußerungen des Jüdischen Weltkongresses. „Ich betrachte die Diskussion um den Präsidentschaftskandidaten als eine innerdeutsche Angelegenheit“, sagte Bubis. Er sei aber nach wie vor der Meinung, daß Heitmann als Bundespräsident das Volk eher spalten als einen würde.
Die FDP teilt offenbar die Einschätzung Bubis' und hat sich darauf verständigt, Hildegard Hamm-Brücher als eigene Kandidatin in die Wahl zu schicken. M.S.
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