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Schütze „Charly“ fordert 1,5 Millionen

■ Erpresser schrieb Briefe nach Schüssen

Bielefeld Ein Erpresser mit dem Namen „Charly“, der am Sonnabend auf einen sogenannten Samba-Zug geschossen und dabei Menschen verletzt hatte, verlangt von der Bundesbahn 1,5 Millionen Mark. Dies gehe aus insgesamt drei Schreiben des Unbekannten an das Bundesbahnzentralamt (BZA) in Minden hervor, berichtete die Staatsanwaltschaft in Bielefeld. Zu einer Geldübergabe sei es bislang aber nicht gekommen.

Der Erpresser hat in Ostwestfalen bisher zwei Anschläge auf Züge der Bundesbahn verübt. Dabei waren durch Gewehrschüsse mehrere Menschen verletzt worden. In den Briefen übernahm der Fremde den Angaben zufolge die Verantwortung für die Schüsse. Bei Nichtzahlung des geforderten Geldes drohte er mit weiteren Anschlägen.

Der Unbekannte scheint mit einer „halbautomatischen Kleinkaliberwaffe“ zu schießen und kennt sich im Raum Bückeburg/ Minden sehr gut aus. Er hat Ende August — vier Tage nach dem ersten Anschlag — erstmals seine Millionen-Forderung genannt. In dem Samba-Zug am Samstag saßen Mitarbeiter der Kreissparkasse Hildesheim, die auf Vergnügungsfahrt waren.

Alle bisherigen Versuche, von der Bundesbahn oder anderen deutschen Eisenbahngesellschaften Geld zu erpressen, sind fehlgeschlagen. Nur einmal, im Januar 1983, kam es tatsächlich zur Geldübergabe, doch kurz danach wurde auch dieser Erpresser ermittelt und festgenommen. Vor „Herbert dem Säger“ erregten besonders ein unter den Namen „Roy Clark“ und „Fantom“ arbeitender Staatenloser in den Jahren 1966/67 Aufmerksamkeit.

Und dann kam „Monsieur X“: 17. Oktober 1977: 23 Menschen werden durch einen Anschlag auf den Italia-Expreß Kopenhagen- Rom bei Emmendingen/Baden zu Teil schwer verletzt. Der Täter nennt sich auf Zetteln „Monsieur X“. In den zwei Jahren zuvor hatte er bereits zahlreiche Bahnanschläge im Großraum Karlsruhe verübt, um 250 000 Mark zu erpressen. Anfang 1978 wird ein Freiburger Aquarienbedarfshändler festgenommen und später zu lebenslanger Haft verurteilt. In dem Verfahren ging es um 13 Anschläge mit 23 Verletzten und rund fünf Millionen Mark Sachschaden. Nachdem eine von ihm beantragte Haftverkürzung abgelehnt wurde, gelang „Monsieur X“ am 7. September 1993, nach über 15 Jahren Haft, die Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Diez (Rheinland-Pfalz). dpa

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