: Wenn Beamte Müll produzieren
■ Beim Umweltschutz sollten die Landesverwaltungen Vorbild sein, tatsächlich hinken sie hinterher / Studie untersucht Möglichkeiten ökologischen Verhaltens
Rund 80.000 Tonnen Abfall fallen pro Jahr in den Berliner Verwaltungen an, Material im Wert von 90 bis 100 Millionen Mark kauft das Landesverwaltungsamt im Jahr ein. Bei diesen riesigen Mengen sollte es selbstverständlich sein, daß auf umweltschonende Materialien, Mülltrennung und Recycling geachtet wird – doch dem ist nicht so. Thomas Schwilling, Referent für Siedlungsabfall bei der Senatsverwaltung für Umweltschutz, spricht von einem „unheimlich großen Nachholbedarf“, was Müllvermeidung und umweltschonenden Einkauf bei der Verwaltung angeht.
Seit 1987 gilt für die Verwaltungen die ALAUM (Allgemeine Anweisung Umweltschutz). Sie setzt Richtlinien für möglichst ökologisches Verhalten. Allerdings ist diese Anweisung nicht rechtsverbindlich. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz hat aber, so Schwilling, nun eine Studie ausgeschrieben, die das ökologische Verhalten der Verwaltungen gründlich prüfen soll. Diese Studie wird, wenn sie denn vergeben ist, nicht nur die Müllvermeidungsmöglichkeiten, die Rohstoffsortierung und den Einkauf ökologisch sinnvoller Produkte untersuchen, auch Autos und Möbel würden auf ihre Umweltverträglichkeit untersucht, Pacht- und Reinigungsverträge mit Kantinen und Putzfirmen abgeklopft. Die Erkenntnisse der Studie und das Ende des Jahres anstehende neue Landesabfallgesetz werden Besserung bringen, erwartet Schwilling.
Wie effektiv der Einsatz eines ökologischen Bewirtschaftungskonzeptes sein kann, zeigt das Beispiel des Verwaltungsgebäudes des Deutschen Institus für Normung (DIN). Das Institut beauftragte das „AKUT Umweltschutz Ingenieurkollektiv“, alle Möglichkeiten zur Umweltentlastung zu überprüfen. Ausgegangen war die Initiative vom Betriebsrat. Thilo Burkhard, Diplom-Ingenieur bei AKUT, wurde fündig. Pro Jahr, so errechneten er und seine Mitarbeiter, fallen im Institut 180 Tonnen Abfall an. Aus den Büros, der im Haus ansässigen Druckerei und dem Buchlager kamen rund zwei Drittel dieses Mülls, darunter auch so problematische Abfallstoffe wie Trockenbatterien, Reste von lösemittelhaltigen Bürohilfsmitteln, Reiniger für Druckmaschinen und Leuchtstofflampen. „Papier“, so Burkhard, sei aber „der Abfall schlechthin“ gewesen. AKUT schlug eine Trennung der Abfälle, der Wasser- und Energiesparmaßnahmen vor. Die Druckerei wurde angewiesen, die Auflagenstärke der jeweils gedruckten DIN-Normen kritisch zu überprüfen, Einweggeschirr und Getränkedosen wurden abgeschafft. Viel gespart wurde durch die Umstellung von Einweg- auf Mehrwegholzpaletten. Wenn die Institutsmitarbeiter seine Ratschläge beherzigen, so erwartet Burkhard, wird der Restmüll auf bis zu elf Prozent der bisherigen Abfallmenge reduziert. Der Rest könne in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden.
Die Bestandsaufnahme, insbesondere die Müllmengenberechnung und Aufschlüsselung, dauerte ein halbes Jahr. Im Prinzip, so Burkhard, lasse sich dieses Konzept auf andere Verwaltungen übertragen. Dort sei wohl ebenfalls Widerstand der Mitarbeiter zu erwarten, die meist nur von Maßnahmen in anderen, nicht in den eigenen Abteilungen begeistert waren.
Für die Verwaltungen rechnet Burkhard mit einem großen Kostenreduzierungspotential: Falls der Wunsch, Vorbild zu sein, nicht genügt – die Chance, viel Geld zu sparen, sollte angesichts der desolaten Haushaltslage Grund genug sein, Umweltschutz zu praktizieren. Martin Böttcher
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