: Ab 2000 bleibt der Ofen kalt
■ Senat will Kohleöfen in der Innenstadt verbieten / Gründe sind saurer Regen und Dioxin / 200.000 Haushalte betroffen
Ofenheizungen sollen vom Jahr 2000 an nicht mehr befeuert werden dürfen. Eine entsprechende Verordnung, die der Senat in den nächsten Wochen verabschieden will, haben die Ressorts Bauen, Finanzen und Umwelt vorbereitet, erfuhr die taz gestern. Gemäß dieser Verordnung wäre das Heizen mit Kohleöfen innerhalb des S-Bahn-Rings (1,1 Millionen Einwohner) verboten. Adolf Mehring, Leiter des Referats Luftreinhaltung der Umweltverwaltung, begründete das Verbot mit der Luftverschmutzung, zu der Ofenheizungen neben Industrieanlagen und dem Autoverkehr wesentlich beitragen.
Beim Verbrennen von Kohle entsteht Schwefeldioxid. Der Schadstoff ist im Zusammenhang mit dem sauren Regen bekannt geworden und ist eine der Hauptursachen für das Entstehen von Wintersmog. Der Ausstoß von SO2 konnte in Berlin seit den 70er Jahren auf ein Fünftel reduziert werden – vor allem weil seitdem die Schwefelverbindung aus den Abgasen von Kraftwerken gefiltert wird und die Zahl der Öfen vermindert werden konnte. „Viel, viel schlimmer“ sei aber, sagte Mehring, daß inzwischen zwei Drittel aller Dioxine, Furane und PAK (polyaromatische Kohlenwasserstoffe) in der Luft aus den Kohleöfen stammen, weil neben Kohle auch Müll verbrannt werde. Alle drei chemischen Substanzen lösen Krebs aus.
In Berlin werden Wohnungen fast ausschließlich innerhalb des S-Bahn-Rings mit Kachelöfen und Allesbrennern beheizt, hieß es aus der Bauverwaltung. Etwa 200.000 Haushalte wären von dem Verbot betroffen, schätzte die Umweltverwaltung. Eine Umstellung auf Gas- oder Ölheizung soll im Schnitt in etwa 8.000 bis 10.000 Mark kosten. Über die Modernisierungs- und Instandsetzungsrichtlinien des Landes können Antragsteller bis zu 5.000 Mark Förderhilfe in Anspruch nehmen.
Gesetzliche Grundlage für das Verbot bietet das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), erläuterte Referatsleiter Mehring. Gemäß dem Gesetz dürfen Landesregierungen besonders belastete Gebiete schützen, indem sie den Einbau von Öfen und die Verwendung von bestimmten Brennstoffen untersagen. In der Verordnung werde das Verbrennen von Kohle und Briketts untersagt, sagte Mehring, was faktisch einem Ofenverbot entspreche.
Nach Angaben der Umweltverwaltung soll es in Berlin noch rund 140 Kohlenhändler geben. Deren Schicksal wäre auch ohne das Verbot besiegelt, weil aus Kosten- und Komfortgründen Heizungen ohnehin auf umweltfreundlichere Systeme umgestellt würden. „Wir legen jetzt einen Zeitrahmen fest“, sagte Mehring. Dirk Wildt
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