: Kommen die blauen Jungs bald heim?
■ Kohl schließt Abzug der deutschen Somalia-Blauhelmtruppe nicht mehr aus / Einsatzort bleibt vorerst Belet Huen / Truppenreduzierung durchaus möglich
Bonn/Berlin (dpa/AP/taz) – Der Befehl „Kehrt um! Truppe marsch! Richtung: Heimat!“ für das Bundeswehrkontingent in Somalia wird nun auch von Helmut Kohl nicht mehr ausgeschlossen. Der Kanzler erklärte, man müsse ernsthaft überprüfen, ob die ursprünglichen Absichten der Vereinten Nationen in dem Land überhaupt noch zu verwirklichen seien. Allerdings dürften die Deutschen nicht als erste und als einzige gehen, sagte der Kanzler. Verteidigungsminister Rühe ergänzte: „Die letzten, die da sind,“ könnten die Bundeswehrsoldaten aber auch nicht sein. Noch am Wochenende hatten sowohl Rühe als auch Außenminister Kinkel keinen Anlaß zu einem Truppenabzug gesehen und es abgelehnt, den Bundeswehreinsatz von der Dauer des US-Engagements, das nach dem Willen von US-Präsident Clinton im April zu Ende sein soll, abhängig zu machen.
Die Legitimation für den deutschen Truppeneinsatz in Somalia droht immer dünner zu werden: In Mogadischu wurden jetzt Überlegungen bekannt, wonach die 4.700 Mann starke indische Truppe, zu deren logistischer Unterstützung die Deutschen nach Belet Huen geflogen wurden, gar nicht in diesem Raum, sondern in Südsomalia stationiert werden sollen. Eine solche Änderung der Einsatzpläne werde erwogen, erklärte UNO- Militärsprecher Stockwell. Die Inder könnten ein französisches Kontingent ersetzen, das zwischen dem 15. Dezember und dem 15. Januar aus Südsomalia abgezogen werden soll. In diesem Fall werde der Einsatz der Deutschen in Belet Huen im Grunde hinfällig, ergänzte der Sprecher.
Diese Aussichten sorgten im Kommandostand auf der Bonner Hardthöhe für Nervosität. „Interne Planungen der UNOSOM- Kommandeure“ in Mogadischu, die sicherlich von der UNO-Zentrale in New York nicht gebilligt würden, wiegelte man ab. Und wenn die Pläne Wirklichkeit würden? Dann müsse man auch eine Verlegung der deutschen Truppen ins Auge fassen, hieß es zunächst. Erst nach Stunden faßte man auf der Hardthöhe wieder Tritt: Eine Verlegung weg von Belet Huen komme nicht in Frage, verkündete ein Ministeriumssprecher schließlich entschieden. Eine Reduzierung der Truppenstärke hingegen ist für den Fall wahrscheinlich, daß die Inder nur mit einem kleinen Teil ihres Truppenkontingents nach Belet Huen kommen. „Umstrukturierung“, kein Teilabzug, heißt die Sprachregelung. Mit dem ab Mitte November vorgesehenen Austausch der deutschen Soldaten könnten die für Logistik und Nachschub eingesetzten Kräfte verringert, aber vielleicht mehr Spezialisten für die humanitären Hilfsprojekte im Raum Belet Huen entsandt werden. Zur Zeit sind rund 1.700 Bundeswehr-Soldaten in Somalia stationiert.S.a. Seite 9
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen