: Peking setzt auf „Greenfreeze“
■ Chinesen auf Info-Tour in Hamburg, wg. FCKW-Ausstieg Mit Kai von Appen
China ist mit seinen rund 250 Millionen Haushalten nach den Industrie-Nationen das Entwicklungsland mit dem größten FCKW-Verbrauch. Grund für die Hamburger Greenpeace-Zentrale, das Milliardenvölkchen im Osten gegen den Umweltkiller zu mobilisieren und vom Gebrauch umweltfreundlicher, FCKW-freier Kühlgeräte zu überzeugen. Und auch Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt warnte zum Abschluß des Besuchs einer Delegation von chinesischen Politikern, Managern und Wissenschaftlern vor dem Ozon-Super-Gau. Hamburg sei als Hafenstadt besonders gefährdet, wenn im Rahmen eines Klima-Kollaps Eismeere schmelzen undFluten steigen.
Es war wie mit dem bleifreien Benzin: Zuerst schrien die Autohersteller, solch ein Kraftstoff mache die Motoren kaputt. Als dann die Franzosen die ersten bleifreien Automobile auf den Markt warfen, war plötzlich selbst die älteste bundesdeutsche Karosse bleifreitauglich. So auch mit dem FCKW-freien Kühlschrank: Als die sächsische Treuhand-Firma „Foron“ im Auftrag von Greenpeace den ersten umweltfreundlichen Kühlschrank „Greenfreeze“ entwickelte und im Frühjahr 1993 auf den Markt brachte, heulte die West-Industrie auf: Der Kühlschrank tauge nichts, sei brandgefährlich und könnte explodieren.
Inzwischen – nur einige Monate später – zogen fast alle namhaften Hersteller nach; es gibt mittlerweile mindestens zehn verschiedene Kühlschrank-Fabrikate im Handel, die nicht mehr mit dem FCKW-Umweltkiller oder dem treibhausfördernden „Ersatzstoff“ „FKW R134a“ bestückt sind, sondern mit einem natürlichen Kohlenwasserstoff-Gemisch aus Propan und Butan gekühlt werden. „Der Verkauf läuft gut, die Geräte werden gezielt gekauft“, so eine Sprecherin des Elekrokaufhauses Brinkmann in der City, wo sich die chinesische Delegation über die bundesdeutsche Palette FKCW-freier Kühlgeräte informierte.
Greenpeace geht es nun darum, das Entwicklungsland China auf die umweltschonende Kühlschrank-Variante einzuschwören. Im April wurden in Beijing (Peking) bereits erste Regierungs- und Wirtschaftskontakte geknüpft. Denn in dem kommunistisch geprägten Land gibt es nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich den Kampf zweier Linien. So setzt sich offenbar die alte Führungsriege orthodoxer Stalinisten für den Aufbau einer Gefrierschränke-Industrie herkömmlicher Machart ein, während die Marktwirtschaftler das FCKW-freie High-Tech-Produkt favorisieren.
Auf dem zweitätigen Meeting in Hamburg in der Greenpeace-Zentrale am Vorsetzen – zu dem auch Vertreter des Bonner Umeweltministeriums und des Umweltbundesamtes angereist waren ++- sollte nun beraten werden, in welchem Umfang Bonn das FCKW-Ausstiegsprogramm der Vereinten Nationen für China durch Entwicklungshilfe und Technologie-Transfer unterstützen kann. Die Uno hat extra die Organisation „United Nations Development Programme“ gegründet, die China bei dem forcierten FCKW-Ausstieg vor dem Jahr 2005 helfen soll. Laut Greenpeace gibt es zwei verschiedene Finanzierungsmodelle: neben der multilateralen Unterstützung durch den internationalen „Montreal Fund“ auch die Möglichkeit direkter bilateraler Hilfe. Greenpeace-Experte Wolfgang Lohbeck: „Die Bundesregierung hat großes Interesse an dieser direkten Finanzierungsmöglichkeit des FCFKW-Ausstiegs in Entwicklungsländern.“ Schließlich ist der chinesische Umstieg nicht ganz einfach: irgendwie kann die Volksrepublik nicht mal eben in der Spitalerstraße bei Brinkmann eine halbe Milliarde Greenfreeze-Kühlschränke ordern. Greenpeacerin Pia Mildenberger: „Ein FCKW-freier Kühlschrank für China muß auf die klimatischen Verhältnisse ausgerichtet sein, um eine Optimierung zu erreichen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen