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Wann machte der Killer "Druck"?

■ Ilona Hepp, die angeblich erst nach dem Mord am Bruder zahlen wollte, sollte mit Drohungen zu einer Anzahlung für die Tat bewegt werden, berichtet der "Killer" vor Gericht / Ziel: Beweise für die Kripo

Was geschah Ende Juli 1992 hinter der Stahltür der Wohnung von Ilona Hepp wirklich? Völlig gegensätzlich stehen sich auch nach der dreitätigen Vernehmung des Zeugen A. zwei Versionen gegenüber. Der angeblich von der ehemaligen AL-Politikerin angeheuerte „Killer“ bestätigte nachdrücklich deren Entschlossenheit, ihren Bruder Nicolas ermorden zu lassen. Für den Mann, den Nicolas Hepp bat, in die Rolle des Mörders zu schlüpfen, hat dafür nicht nur das Codewort „Abtreibung“ gestanden. Überraschend berichtete er gestern ein neues Detail: Auf die Frage, ob sie Angst hätte, der Bruder könnte wegen der Erbschaftsstreits das gleiche vorhaben wie sie, habe Ilona Hepp geantwortet: „Der ist doch viel zu feige dazu.“ Keinesfalls, so der Zeuge A., habe er beim ersten Besuch „Druck“ gemacht und Geld erhalten.

Genau dieses behauptet aber Ilona Hepp. Der „Killer“ habe sofort erklärt, das Leben ihres Bruders sei wegen eines Unterweltstreits sowieso nicht mehr zu retten. Auch dessen Freundin könne sie von der „Straße kratzen“, wenn die Politikerin nicht zahle, soll der Mann gedroht haben, der sich als Mitglied einer internationalen Verbrecherorganisation vorstellte. Nur aus diesem Grund habe sie später 50.000 Dollar gezahlt und gleich 5.000 Mark übergeben. Ein Bankbeleg bestätigt zumindest, daß sie an diesem Tag Geld abhob.

Die Versuche der drei Hepp- Verteidiger, an drei Verhandlungstagen die Glaubwürdigkeit des insgesamt sechzehnmal wegen kleinerer Delikte vorbestraften „Killers“ zu erschüttern und Widersprüche aufzudecken, zeitigten wenig Erfolg. Nachdrücklich blieb er dabei, die Anzahlung von 5.000 Mark erst beim zweiten Treffen erhalten zu haben. Mehfach habe er Frau Hepp gefragt, ob sie vom Auftrag zurücktreten möchte. Ziel sei gewesen, eine möglichst hohe Anzahlung zu erhalten, um damit bei der Kripo glaubwürdig den Mordauftrag darlegen zu können. Frau Hepp habe dagegen erst nach dem Mord zahlen wollen. Eine Anzahlung sollte die nicht bestrittene Drohung gegen die Freundin des Hepp-Bruders bewirken. Schließlich hätte diese fälschlich versprochen, daß bei Ilona Hepp für die Killer 60.000 Mark „bereitliegen“. Die Frau – so die Anklage – sollte im Auftrag Ilona Hepps nach einem Mörder suchen.

Widersprüchlich bleibt, ob die Drohungen vor den Treffen mit Frau Hepp abgesprochen waren, wie der Zeuge A. betont. Der Kunsthistoriker Nicolas Hepp jedenfalls behauptet, er habe von den Drohungen erst hinterher erfahren und sei darüber „entsetzt“ gewesen. Gerd Nowakowski

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