: Kehrtwende der Kühlschrankindustrie
■ Die ostdeutsche Pionierfirma Foron verliert bei Öko-Eisschränken an Terrain / Inzwischen werden rund 300 FCKW-freie Modelle auf dem Markt angeboten
Berlin (taz) – Vor einem Jahr trat David auf den Plan. In einer beispiellosen Kampagne hat ein von der Liquidation bedrohtes ostdeutsches Unternehmen gemeinsam mit Greenpeace den weltweit ersten FKW-freien Kühlschrank auf den Markt gehievt. Die unerwartete öffentliche Resonanz brachte die Goliaths der deutschen Kältebranche ins Schwitzen. Anfang 1993 sind Bosch, Siemens, Liebherr und Co. nachgezogen. Und haben nun, laut Ökotest, mit ihren FCKW- und FKW-freien Modellen beim Stromverbrauch auch schon die Nase vorn.
300.000 Ökokühlschränke hoffte das Foron-Management 1993 an umweltbewußte Konsumenten zu verkaufen, inklusive der 70.000 Vorbestellungen, die die Greenpeace-Werbekampagne schon 1992 eingebracht hatte. Nach Anlauf der Produktion im März dieses Jahres ist die erste Euphorie einem gedämpften Realismus gewichen. 100.000 Stück dürften es jetzt noch werden, schätzt Foron-Sprecher Siegfried Schlottig vorsichtig.
Wie es so oft das Schicksal der Pioniere ist: Einige der großen Wettbewerber sind schneller auf die Ökolinie aufgesprungen, als ihre anfänglichen Verhinderungsstrategien gegen den Greenfreeze von Foron erwarten ließen. Und ihre Vorteile sind nun bewährte Vertriebssysteme und die langjährige Erfahrung am freien Kälte- Markt.
„Die Umbruchphase von der Planwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft ist schwer – und es sind auch schon einige Chancen den Bach hinuntergegangen“, resümiert der Referent der Geschäftsleitung bei Foron. Die Kampagne mit Greenpeace hat das Unternehmen vor der Abwicklung gerettet. Nun heißt es, ohne die Hamburger Aktivisten den aufrechten Gang zu lernen.
Derzeit werden bei Foron noch tiefrote Zahlen geschrieben. Mit der parallellaufenden Produktion herkömmlicher Kühlschränke lassen sich die Verkaufszahlen auf 280.000 bis 300.000 Stück erhöhen, so die Firmenprognosen bis Ende des Jahres. Das reicht nicht aus, um das marode Unternehmen auf Vordermann zu bringen. Zudem wird mit der 1992 eingegliederten Waschgeräte GmbH Schwarzenberg unsicheres Terrain betreten: Die Produktion von sogenannten Topladern. Ergonomisch richtig von oben zu befüllen, haben diese Waschmaschinen in deutschen Landen noch nicht den Durchbruch geschafft.
Nachem die Greenfreeze-Idee allein den Markterfolg nicht absichert, wurde bereits das nächste Ziel fixiert: Als erstes Unternehmen das gesamte Kühlschrank- und Tiefkühl-Sortiment FKW-frei zu gestalten. Und das schon 1994. Derzeit bestgehütetes Geheimnis des Unternehmens: eine Kühlschrank-Neuentwicklung, die die Stromverbrauchswerte des Greenfreeze-Modells um vieles unterbietet.
Doch die Wettbewerber schlafen nicht. Bosch-Siemens führt ähnliches im Schilde. Währenddessen sieht AEG die generelle Umstellung auf ein FKW-freies Kühlrepertoire „von den technischen Bedingungen“ her als nicht so bald machbar an. Von den mittlerweile über 300 am Markt angebotenen FCKW-freien Kühlschränken wird der Großteil noch mit FKW R134 gekühlt, das zwar für die Ozonschicht harmloser ist, aber stark das Treibhaus Erde anheizt. Ob vor diesem Hintergrund der Pionier aus dem Osten wieder einmal den Giganten die Marschgeschwindigkeit diktiert? Der Konkurrenz setzten die Foron-Leute jedenfalls ihren ganzen Optimismus entgegen: Wir haben's schon einmal geschafft. Warum nicht wieder? Bettina Fink
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