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Countdown zum großen Zahltag

■ Die medialen Schaukämpfe der Boxpromoter Klaus-Peter Kohl und Wilfried Sauerland

Ein Bott macht den Kohl nicht fett, das mußte der Hamburger Boxpromoter Klaus-Peter Kohl ziemlich schnell merken. Stoff für zwölf Kampfabende im Jahr verlangt der Hamburger Pay-TV-Sender Premiere von dem findigen Kaufmann. Dafür wurde sein Boxstall in den vergangenen Monaten gehörig aufgebläht. Neben Perlen wie dem eloquenten Schwergewichtler Christian Honhold aus der Nähe von Lübeck, der aus dem Boxstall des föngewellten Pforzheimer Juwelenhändlers und Ex-Europameisters Rene Weller zum Hamburger wechselte, hat er auch Graciano Rocchigiani übernommen. Jenen Deutschen „Rocky“ also, den schon einmal der Titel des Halbschwergewichtsweltmeisters in der nun von Henry Maske besetzten IBF-Version zierte und der nebenbei auch auf außersportlichen Gebiet für Zeitungsschlagzeilen in den Berliner Blättern sorgte. Dem Deutsch-Italiener wurde damals vorgeworfen etwas zu sehr ins Rotlichtmillieu involviert gewesen zu sein. Sprich: Gegen ihn wurde wegen Körperverletzung und Zuhälterei ermittelt.

Das Thema soll sich erledigt haben. Saubermann und Boxpromoter Kohl – seit 1989 managt er selbst und will den Sport, laut eigenen Aussagen, „aus dem Rotlichtmilieu herausführen“ – spricht gerne von einem geläuterten „Rocky“. Von einem, der sich vollend vom Millieu getrennt hat und nunmehr fast bürgerlich geworden ist.

Irgendwann einmal soll er auch gegen die andere deutsche Box-Ikone, den Gentleman-Boxer Henry Maske , kämpfen. Und, um so einen Kampf genügend medial ausschlachten zu können, dafür braucht man natürlich ein entsprechendes Vorspiel: Guter Boxer - Böser Boxer, guter Manager - böser Manager heißt das altbekannte Spielchen, das Kohl und der andere große deutsche Promoter Sauerland derzeit treiben. Wobei die Rollenverteilung klar ist: Der böse westdeutsche Underdog gegen den guten, von den Bildungsbürgerzeitungen Woche, Spiegel, Zeit und Co. hofierten Oberschulabsolventen Henry Maske aus dem Beitrittsgebiet.

Gegenseitig bietet man sich Millionen für die Übertragungsrechte eines Weltmeisterschafts-Fight zwischen Rocky und Maske. Dabei greift man ganz schön tief in die Trickkiste, verschickt Faxe und spannt auch schon einmal die eine oder andere Sportredaktion für sich ein. Schließlich haben beide Promoter mächtig lukrative Fernsehverträge für ihre Eleven abgeschlossen. Bei Sauerland steht RTL auf der Matte und will mit dem erwarteten deutschen Superfight Werbekunden locken, bei Kohl ist es Premiere, die den Kampf wirklich wollen – vor großen Fights steigen die Abonenntenzahlen bei dem Pay-TV-Kanal stets an. Ganz so schnell darf der Kampf aber nicht kommen. Bei ihren regelmäßigen Telefongesprächen haben sich die beiden Promoter schon lange auf eine gemeinsame Linie verständigt: Einige Kämpfe im Vorfeld werden das Interesse an dem Fight noch einmal steigern. Dabei ist es ihnen egal, ob sie verbal zwischen den Managern oder im Boxring stattfinden. ank

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