: Möglicherweise ein Akt der Notwehr
■ betr.: „Unter uns ist der Mörder nicht“ (Bericht über die Immobili engeschäfte eines Rechtsanwalts aus Düsseldorf, der vor einem Haus am Kurfüstendamm erschos sen worden war), taz vom 8.10.93
Ich wundere mich, daß derjenige, der Herrn Lethgau tötete, vorab als „Mörder“ bezeichnet wird. Sicher ist nach dem von Ihnen geschilderten Privatleben und dem Umgang mit Konkurrenten aus der Spekulantenbranche ein solches Delikt nicht ausgeschlossen. Doch wissen wir, daß deutsche Gerichte bei Tötungen von Linken oder Ausländern oft die Mordanklage fallengelassen haben.
Seit der diskutierten Hochhuth- These über den Tod des Breuel- Vorgängers wissen wir auch, daß man durchaus auch Verzweiflungstäter in Betracht ziehen muß, wo Existenz, Arbeit und Wohnung von Menschen durch Terror von Fremden (wie taz sie im Artikel „Das ist nichts als ein Rachefeldzug“ schildert und wie ich ihn als Mieterberater oft bei verzweifelten Mietern erlebe) bedroht sind. Wo das „Recht“ versagt oder gar auf seiten der Vertreiber und Spekulanten ist, ist es denkbar, daß Verzweifelte ebenfalls zu kriminellen Mitteln greifen.
Diese Leute betrachten das vielleicht sogar als einen Akt der Notwehr. Seit voriger Woche ist ja im übrigen bekannt, daß bekannte Staatsmänner der westlichen Demokratien wie Clinton und Kohl Gewalt bis zur Tötung von Menschen durchaus als legitim ansehen, sogar wenn solcher Terror von frei gewählten Parlamenten ausgeht, wie dies zur Zeit in Rußland praktiziert wird (wenn die Berichte stimmen).
Die von der Internationalen Völkergemeinschaft (am 16. Dezember 1966) kodifizierten Menschenrechte sehen unter anderem gleichberechtigt das Recht auf (menschenwürdiges) Leben, Recht auf Arbeit, Recht auf Wohnung vor. Wo eines dieser – vom Staat zu schützenden – Rechte verletzt wird, stehen naturgemäß die anderen ebenfalls zur Disposition. Menschenrechte sind unteilbar. Gerhard Rosenberg, Berlin
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen