■ Das Portrait: Norberto Fuentes
Die einen riskieren die Flucht über die haifischverseuchte Straße von Florida, die andern kehren von einem Auslandstrip nicht mehr zurück. Die Zahl der Kubaner, die Castro den Rücken kehren, nimmt angesichts der wirtschaftlichen Misere und des stickigen politischen Klimas auf der Insel weiter zu. Nun versuchte offenbar auch der Schriftsteller Norberto Fuentes seiner Heimat zu entkommen. Beim illegalen Versuch der Republikflucht, so meldet AFP erst jetzt, sei er vor einer Woche festgenommen worden. Auf eine legale Ausreise konnte Norberto Fuentes nicht hoffen. Er wußte zuviel. Zu lange hatte er der Entourage des máximo lider angehört. Als Mitglied der kubanischen Delegation bei den Angola- Verhandlungen in New York und als Handelsreisender in Sachen Flugzeugverkauf in Afrika war er längst Geheimnisträger geworden.
Geboren 1943 in Havanna, stieg Norberto Fuentes 1962 in den Journalismus ein. Seine Reportagen aus dem Krieg gegen konterrevolutionäre Guerillagruppen auf Kuba, die sich in der Sierra del Escambray verschanzt hatten, erschienen unter dem Titel „Cazabandidos“ (Banditenjäger). Sein „Condenados de Condado“, eine Sammlung von Erzählungen über diesen Kleinkrieg drei Jahre nach Castros Machtübernahme, brachte ihm den höchsten Literaturpreis Kubas ein. Hierzulande wurde Fuentes über seine umfangreiche Hemingway- Biographie von 1982 bekannt, die 1987 auch auf deutsch erschien.
Schriftsteller und Apparatschik Foto: taz-Archiv
In Ungnade fiel der Schriftsteller und Apparatschik vor vier Jahren, als das Castro-Regime mit potentiellen Abweichlern in den eigenen Reihen abrechnete. Neben dem populären General Arnaldo Ochoa wurde 1989 auch Antonio „Tony“ de la Guardia Font, ein enger Mitarbeiter Fidel Castros, füsiliert. Norberto Fuentes gestand damals, er selbst habe eine halbe Million Dollar in seiner Wohnung versteckt. Das Geld, das vermutlich dem Drogenhandel entstammte, gehöre seinem Freund „Tony“.
Das Regime hatte offenbar Interesse, die Ermittlungen auf einen begrenzten Kreis hoher Funktionäre zu beschränken. Den Schriftsteller ließ man in Ruhe, aber stellte ihn kalt. Er wurde weiterhin vom Staat bezahlt, durfte aber weder publizieren noch öffentlich auftreten – von einer Ausreise ganz zu schweigen. Thomas Schmid
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