: Bremen retten mit „Prinzip Hoffnung“
■ Ganztägige Fachtagung der Arbeiterkammer über Bremens Sanierungs-Programm
Bedeutet das Sanierungsprogramm der bremischen Staatsfinanzen „Erfolg oder Niederlage für Bremens ArbeitnehmerInnen“? Die Fragestellung, unter der ca. 80 Interessierte im Hause des DGB gestern einer Tagung der Arbeiterkammer folgten, blieb ohne Antwort. Heinz Möller, Hauptgeschäftsführer der Kammer, formulierte die Unzufriedenheit in gewerkschaftlichen Kreisen: „Das ist eine Politik, die schafft kein Vertrauen, die schafft nur Mißtrauen.“ Möller meinte das zu der Art, wie z.B. das Haushaltssicherungsgesetz (vgl. S. 17) die Weiterbildung beschränken soll, ohne daß die Betroffenen (Strukturkommission Weiterbildung) davon vorher in Kenntnis gesetzt werden. Wenn die Garantielohnkasse der Hafenarbeiter dem Rotstift zum Opfer fallen soll, aber für einen „Millionenpfad über die Bürgerweide“ Geld da ist, dann ist das „nicht geeignet, ein Vertrauen der Arbeitnehmerseite in die Ausgewogenheit bremischer Sanierungspolitik zu begründen“, sagt Möller.
Der zuständige Referent des Finanzressorts, Matthias Stauch, hatte den Interessenvertretern der Arbeitnehmer-Politik wenig Erfreuliches zu berichten. Wenn die Sparanstrengungen nicht mehr Erfolg haben, dann wird die Bilanz des Sanierungsprozesses, die 1997 in Bonn vorzulegen ist, schlecht aussehen. „Die Lage ist verzweifelt“, sagte Stauch, „da muß etwas geschehen.“ Verzweifelt ist der geringe Anteil an Einnahmen im bremischen Staatshaushalt. Selbst das Saarland steht weit besser da, und deshalb kann das Saarland auch 50 Prozent seiner Ersparnisse durch die Sanierungs-Milliarden zur weiteren Schuldensenkung einsetzen. Schleswig-Holstein, das Land, das Bremen mit seiner „Zins-Steuer-Quote“ erreichen soll, steigert seinen Haushalt derzeit weniger als Bremen, nämlich nur um 2,2 Prozent. Am Ende des Sanierungszeitraums würde, so rechnet Stauch vor, wenn alles nach Prognose verläuft, Schleswig-Holstein bei 16 Prozent liegen, Bremen trotz Sanierungs- Milliarden bei 18 Prozent, also das Ziel deutlich verfehlt haben. Die neuen Ost-Länder werden 11-12 Prozent ihrer Steuereinnahmen für Zinsdienste ausgeben.
Die Lösung aus dem Bremer Dilemma: Investieren auf Teufel komm raus. Aus dem Wirtschaftsressort war Uwe Färber zur Arbeiterkammer gekommen, der Experte für das Wirtschaftsaktions-Programm (WAP), um dieses gigantische Investitions- Sonderprogramm (ISP) von 4,7 Milliarden bis zum Jahre 2004 zu erläutern: Zum Beispiel 125 Hektar Carl-Schurz-Kaserne sollen als Gewerbefläche erschlossen werden, eine Milliarde geht in die wissenschaftliche Infrastruktur, 800 Millionen ins Verkehrssystem. Damit soll Bremen seine Steuereinnahmen so steigern, daß es Anschluß an die anderen Länder bekommt.
Uwe Färber bemühte sich vor allem, vor „überhöhten Erwartungen“ zu warnen. Für die ersten acht Jahre ist eine Kosten- Nutzen-Bilanz des WAP versucht worden. Ergebnis: 30.000 Mark „sichern oder schaffen“ einen Abeitsplatz. Daß man diese Zahl auf das ISP, „für mich eine deutliche Ausweitung des WAP“, übertragen könnte, wagt Färber auch nicht zu behaupten. Heinz Möller lehnt es rundweg ab, über derartige Arbeitsplatz- Prognosen auch nur zu reden. Angelika Sörgel, die für die Tagung zuständige Referentin der Arbeiterkammer, faßt die Prognosen über die Wirkung des Investitions-Sonder-Programms für die Bremer Wirtschaft in einem Zwischenruf zusammen: „Prinzip Hoffnung“. K.W.
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