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Georgische Rebellen 15 Kilometer vor Kutaisse

■ Russische Regierung lehnt militärische Unterstützung Schewardnadses ab

Genf/Moskau (taz) – Während die russische Regierung gestern den Wunsch des georgischen Präsidenten Eduard Schewardnadse nach militärischer Unterstützung gegen die aufständischen Truppen des Ex-Präsidenten Swiad Gamsachurdia ablehnte, will ihr Außenminister Andrej Kosyrew immerhin die für die in Georgien stehenden russischen Truppen wichtigen Verbindungsstraßen schützen. Die Aussichten auf eine politische Lösung des Konflikts zwischen der Regierung in Tbilissi und den abtrünnigen Abchasen sind indes weiter gesunken. Die UNO-Bemühungen, Vertreter beider Seiten gemeinsam an den Genfer Verhandlungstisch zu bringen, waren bereits am Montag abend gescheitert.

Gestern hatte Schewardnadse sowohl Rußland als auch Aserbaidschan und Armenien öffentlich um militärische Unterstützung gegen Gamsachurdia gebeten, die vor allem dank ihrer überlegenen Waffen derzeit die georgischen Regierungsstreitkräfte überrennen und auf Tbilissi vorrücken. „Wir sind in einer äußerst schwierigen, um nicht zu sagen in einer katastrophalen Lage“, sagte Schewardnadse.

Die russische Ablehnung erfolgte laut der Nachrichtenagentur ITAR-Tass bei einem Gespräch zwischen dem russichen Ministerpräsidenten Tschernomyrdin und dem georgischen Premier Pazazia gestern in Moskau. An dem Treffen, bei dem vorrangig über einen russischen Kredit an Georgien in Höhe von zehn Milliarden Rubel verhandelt wurde, nahmen auch führende russische Militärs teil.

Nach Gesprächen mit einer georgischen Regierungsdelegation teilte der Sonderbeauftragte von UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali, der Schweizer Botschafter Edouard Brunner, am Montag abend in Genf mit, er werde „demnächst“ zu weiteren Sondierungen zwischen der Regierung und den Abchasen in die Konfliktregion reisen. Zuvor hatte der Chef der georgischen Delegation in Genf, Alexander Kavsadze, auf einer Pressekonferenz eine Reihe von Vorbedingungen für eine „politische Lösung“ des Konflikts genannt.

Danach sollen die abtrünnigen Abchasen vorab die Souveränität und territoriale Integrität der Republik Georgien in ihren von der UNO, der EG und Rußland anerkannten Grenzen ebenfalls ausdrücklich anerkennen; die von den Sezessionskräften etablierte Regierung Gudauta und der bisherige Ministerrat der autonomen georgischen Region Abchasien sollen gleichzeitig zurücktreten und das gesamte abchasische Territorium bis zur Durchführung von Wahlen unter eine provisorische Verwaltung der UNO gestellt werden. Auch auf mehrfache Nachfrage ließ Kavsadze keinerlei Bereitschaft der georgischen Regierungsseite zu Direktgesprächen erkennen. Vermittler Brunner äußerte allerdings die Hoffnung, daß beide Seiten ihre „zu Beginn eingebrachten Maximalpositionen“ im Verlaufe seiner weiteren Vermittlungsbemühungen noch abschwächen. Zu Direktgesprächen gebe es keine Alternative. In den nächsten Tagen soll eine Delegation des Genfer UNO-Menschenrechtszentrums nach Georgien reisen und vor Ort Vorwürfe massiver Menschenrechtsverletzungen überprüfen. Dieser Forderung der georgischen Regierungsdelegation, die die abtrünnigen Abchasen des „Völkermords“ sowie „ethnischer Säuberungen“ beschuldigt, hat die abchasische Seite laut Brunner zugestimmt.

Ein Bericht der UNO-Untersuchungskommission werde „in einigen Wochen “ erwartet. Während die georgische Regierungsseite nach den Worten ihres Genfer Delegationschefs Kavsadze mit dem Bericht ihre gestern aufgestellte Forderung nach einem Internationalen Gerichtshof untermauern will, vor dem die für Menschenrechtsverletzungen Verantwortlichen unter den abtrünnigen Abchasen verurteilt werden sollen, erklärte Brunner, der Bericht solle nicht offiziell in die Verhandlungen eingeführt werden sondern lediglich „zur Information“ dienen. Andreas Zumach

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