: 500.000 Jobs ade
■ EG-Studie: Große Arbeitslosigkeit in Deutschlands Auto-Zuliefererbranche
Der Produktivitätsrückstand gegenüber der japanischen Konkurrenz wird in Europas Automobilbranche in den neunziger Jahren zu einer nie dagewesenen Massenarbeitslosigkeit führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine bislang unveröffentlichte Studie der Boston Consulting Group, die im Auftrag der EG-Kommission zur Lagebewertung der europäischen Automobilzulieferer erstellt wurde. Allein im europäischen Zulieferergewerbe wird demnach die Zahl der Beschäftigten von heute knapp einer Million auf rund 500.000 im Jahr 1999 fallen. Grund dafür sei eine „alarmierende Kluft“ in der Produktivität zwischen Europa und Japan. Während die japanischen Automobilkonzerne gegenüber ihrer europäischen Konkurrenz einen Produktivitätsvorteil um durchschnittlich 30 Prozent aufweisen, sieht es in der Zulieferbranche noch viel schlimmer aus. Dort wäre die Produktivität in Japan durchschnittlich zweieinhalbmal so hoch wie in Europa. Das Ergebnis könne deshalb nur ein rascher Konzentrationsprozeß sein, in dem die Zahl der europäischen Zulieferbetriebe von derzeit 2.000 auf 500 Direktzulieferer fallen müsse. Deutschland ist von dieser Entwicklung besonders hart getroffen.
Bei deutschen Großkonzernen wie VW und Mercedes, deren Produktivitätsrückstand auch im europäischen Vergleich besonders hoch ausfällt, wurden seit Beginn der neunziger Jahre 100.000 Stellen gestrichen. Bis 1995 sollen nach Einschätzung des Vereins Deutscher Automobilhersteller (VDA) nochmal soviele Arbeitsplätze verschwinden.
Hinzu käme nun der Abbau von 200.000 Arbeitsplätzen im deutschen Zuliefergewerbe, das seine Angestelltenzahl bis zum Ende des Jahrzehnts halbieren muß, um den Produktivitätsrückstand mit Japan einzuholen.
Die Rationalisierungswelle unter den Zulieferern ist nach Ansicht der Boston Consulting Group auch deshalb notwendig, weil die Branche das „schwache Glied“ der Europäer im internationalen Automobilwettbewerb darstelle. Ein Ausweichen auf die heute bereits in Europa mitkonkurrierenden japanischen Versorger sei für die europäischen Konzerne ausgeschlossen, weil sie damit ihre Unabhängigkeit verlieren würden.
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