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Ein gar „fleißiger Spion“

■ Hamburger Polizist als DDR-Agent angeklagt/ 18 Jahre lang gab er Informationen aus dem Staatsschutz an die Stasi weiter   Von Kai von Appen

Ungewolltes Wiedersehen auf dem Flur des Staatsschutz-Saales 288 im Strafjustizgebäude: „Wohnst Du jetzt allein?“. „Nee, mit meiner Tochter.“ Seit gestern müssen sich alte Bekannte, der Hamburger Polizist Eckhard Kurschat und sein Ex-Führungsoffizier beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in Neubrandenburg, Wolfgang Hartmann, wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit für die Ex-DDR vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht verantworten. Kurschat: „Ich bin in vollem Umfang geständig“.

Eckhard Kurschat war 1961 zur Polizei gegangen: „Die große Auswahl hatte ich nicht aufgrund meiner Schulbildung“. Da seine Frau aus Malchow stammt, war es nicht ungewöhnlich, daß die Kurschats oft in die DDR fuhren. In Malchow wurde Kurschat dann von „Dieter“ angesprochen. Am 7. Juni 1973 unterschrieb er eine „Verpflichtungserklärung“. Kurschat: „Wir wollten da weiter hinfahren. Da war mir schon klar, daß ich irgendwie für die tätig werden würde“.

Dann begann ein reges Agentenleben. Auf dem ersten konspirativen Treffen in Berlin-Ost wurden die Rahmenbedingungen abgesteckt. In Luzern übergab er die ersten Unterlagen. Alle drei bis vier Monate traf er „Dieter“, in Berlin, Lübeck, Dubrovnik, Sarajewo, Zagreb, Wien oder Helsinki. Wenn es schnell gehen mußte, reiste Kurschat nach Lübeck-Schlutup: Er lief nachts über eine Wiese zu den DDR-Grenzanlagen, wo er von „Vopos“ über die „Grüne Grenze“ geschleust wurde. Sollte Material abgeholt werden, schrieb er an eine Deckadresse und setzte mit unsichtbarer Tinte Datum und Ort für ein Treffen hinzu, wo ein Kurier das Material abholen sollte – oft an den Landungsbrücken.

Die Kontaktperson für Kurschat war der Verbindungsoffizier Dietmar Reichelt, bei sämtlichen Auslandsmeetings war sein Führungsoffizier Oberst Wolfgang Hartmann dabei. Unter dem Decknamen „Peter Gorth“ lieferte Kurschat, der inzwischen als Zivilfahnder auf dem Niendorfer Revier 24 Dienst schob, bis 1989 wichtige Unterlagen und Mikrofilme in einer präparierten Spraydose über die Strukturen der Polizei, über Einsatzplanung, Personalstärke, Fahndung, das polizeiliche Informationssystem Inpol, Terrorismusbekämpfung und Polizeifunk. Besonders gefreut hat sich das MfS über Informationen aus dem Hamburger Staatsschutz. So war das MfS Neubrandenburg nahezu lückenlos über dessen Arbeitsweise informiert.

Über 18 Jahre hinweg kassierte Kurschat, der als „fleißiger Spion“ galt, für sein Agentenleben insgesamt 178.000 Mark. Nach der Wende und der Auflösung des MfS arbeitete Kurschat auf Anweisung Hartmanns dann für den sowjetischen KGB, bis er am 15. Oktober 1991 enttarnt und festgenommen wurde.

Hartmann war ab 1982 beim Neubrandenburger MfS Leiter der Abteilung 15, „Referat Operative Aktivitäten“. Wolfgang Hartmanns Verteidigung beantragte gestern die Aussetzung des Verfahrens, weil es gegen den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verstoße. Schließlich seien nach der Wiedervereinigung westliche BND-Spione auch nicht verfolgt worden.

Der Prozeß wird fortgesetzt.

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