: Unterm Strich
Ob Kresnik kommt? Ob Zadek geht? Jedenfalls ist er überaus unzufrieden mit den Berliner Kritikern! Den Journalisten! Gar mit uns?! Und hat sogar mit seinem Weggang aus der Stadt gedroht! Niemand liebt ihn! Das hat er wem erzählt? Den Journalisten! Er habe „mehr und mehr den Eindruck, als wenn man mich hier einfach nicht will“, sagte Zadek in einem Zeitungsinterview. Seine Inszenierungen seien gut besucht, das Publikum sei nicht das Problem. Auch mit dem Senat habe er keine Probleme. Immerhin! „Nein, es sind vor allem die Berliner Journalisten, die gegen uns schießen – gegen unsere Arbeit am BE und ganz besonders gegen meine.“ So entstehe eine Atmosphäre, in der er nicht arbeiten möchte. „Wenn diese Pöbelei weitergeht, gehe ich wieder aus Berlin weg. Ich habe mich nie aufgedrängt.“
Er sollte sich ein Beispiel nehmen: Denn einer blieb. Theater-Intendant Albert Hetterle hat mehr als ein Drittel seines Lebens am Berliner Maxim Gorki Theater verbracht. Auch an seinem 75. Geburtstag am kommenden Sonntag wird Hetterle auf der Bühne seines Hauses stehen. Er spielt den autoritären Regisseur Mr. Jay in George Taboris „Goldbergvariationen“, eine Art Abschiedsrolle in seiner letzten Spielzeit als Intendant, bevor er in den Ruhestand geht. Der Theatermacher gilt als ein „grand old man“ des ostdeutschen Theaters.
Vor einem Jahr, als es um seine Vertragsverlängerung ging, geriet der 1918 in Odessa geborene und in der Sowjetunion aufgewachsene Hetterle in die Schußlinie Berliner Politiker. Seit 1949 SED-Mitglied und später in der Berliner Bezirksleitung der Partei, würdigte ihn Erich Honecker an seinem 70. Geburtstag als „einen Kommunisten und Künstler, dessen Schöpfertum geprägt ist vom leidenschaftlichen Einsatz für die Entwicklung unseres sozialistischen Nationaltheaters“. Das waren für Berlins Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) Gründe genug, den Vertrag nicht verlängern zu wollen. Womit wir wieder bei Kresnik wären. Den Herr Heckelmann nicht einstellen will. Weil er angeblich rechtsradikale Parolen schwingt. Dessen Premiere „Rosa Luxemburg – Rote Rosen für Dich“ am Freitag versteht die Berliner Volksbühne als einen „Vorgriff auf das Engagement Kresniks und seiner Gruppe nach Berlin“. Einer kommt! Heckelmann bleibt.
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