piwik no script img

Ausnahme beißt Regel

■ Wenn die Putzfrau nicht zweimal klingelt

Warum war der Hund nicht angeleint? War es Fahrlässigkeit oder einfach die Ausnahme der Regel, die Klaus G. gestern auf die Anklagebank des Amtsgerichts brachte? Klaus G. arbeitet als Wachmann für für eine Sicherungsfirma auf dem Gelände einer ehemaligen Bremer Tabakfabrik. Bei seinen Kontrollgängen wird er von einem Schäferhund begleitet, den er laut Dienstanweisung an der Leine zu führen hat und wieder nicht, wenn er ihn gerade ausbilden will.

Am 5. Dezember letzten Jahres wollte er ihn nur kurz aus seiner Hundebox holen und in den Freilaufzwinger bringen. Da kam Lieselotte N. auf ihrem Rad in die Quere. Was dann passierte, darüber gibt es zwei Versionen: Erste: Frau sieht Hund, ergreift die Flucht, schreit, tritt nach ihm, Hund beißt zu. Zweite: Hund sieht Frau, läuft auf sie zu, Frau bleibt stehen, Hund beißt zu.

Das ärztliche Attest lautet auf Hundebiß und Quetschung, Klaus G. sah nur eine kleine Schramme. Flucht hin oder her, Schramme oder Biß: Wie kommt die Frau auf's Gelände? „Auf das Gelände kommt man nur mit einem Ausweis. Und am Wochenende ist normalerweise niemand da, es sei denn, wir sind darüber zuvor informiert worden“, erklärt der Wachmann G.; Lieselotte N.ist aber seit sechs Jahren Putzfrau bei einer Firma. die auf dem Gelände eine Halle hat. „Ich habe schon oft am Wochenende dort gearbeitet, brauchte das aber nie vorher anzumelden. Ein anderer Wachmann öffnete mir das Tor und ließ mich rein.“

Das war's, die Ausnahme der Regel. Wachmann 1 wußte nicht, daß Wachmann 2 eine Person auf das Gelände läßt. Klaus G. konnte also nicht damit rechnen, daß Lieselotte N. auftaucht, der Hund brauchte also auch nicht angeleint zu sein, „Ich schlage vor, das Verfahren einzustellen“, sagt Richter Claas Schmedes und folgte seiner weisen Idee. Lou

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen