: Flankenschutz für Perverse
■ betr.: „Die große Verweigerung“, taz vom 11.10.93
Appeasement, Ohne-mich- Mentalität, unterlassene Hilfeleistung, so pöbelt der Bremer Senator die Mehrheit seiner Partei an. Sich rausgehalten, Augen und Ohren verschlossen, Schlimmeres nicht abgewendet wider besseres Gewissen (sofern vorhanden) – all das ist tatsächlich geschehen. Aber auf wessen Seite?
Zu einer Zeit, als es noch Zeit gewesen wäre, wenigstens den Versuch zu unternehmen, Gangster wie Milošević klein zu halten, taktierte die Bundesregierung und tat durch die überstürzte Anerkennung Kroatiens noch das ihre, die Eskalation anzuheizen. Allenfalls an dieser Stelle könnte ein Vergleich mit dem seinerzeitigen Gewährenlassen spanischen und deutschen Faschisten gegenüber ansetzen, wären solche Vergleiche nicht sowieso blödsinnig. Jetzt, nachdem die Politik unter anderem der Bundesregierung die Nationalisten und ihre Freikorps auf beiden Seiten hat groß werden lassen, ruft uns Ralf Fücks zu den Waffen. Was sollen die bewirken? Was haben die UN-Verbände bis dato bewirkt? Die jüngsten Enthüllungen, den Somalia-Einsatz betreffend, lassen Böses ahnen.
Fücks muß ein großer Fan von George Bush sein. Die Logik des grünen Senators findet ihre effektive Vollendung in dem Probelauf für den postmodernen Krieg, den Bush im Irak inszeniert hat. Nein! Mit einem imperialistischen Beutezug seien die von ihm geforderten Blauhelmeinsätze nicht zu verwechseln, versichert Fücks. Das wäre ja wohl auch noch schöner! Der von ihm postulierte Flankenschutz für die perverse Großmacht-Diplomatie des satten Westens ist auch schon weit mehr, als man selbst einer bürgerlich gewordenen Partei zumuten kann.
Gegen Ende seiner Tiraden rückt Ralf Fücks endlich damit heraus, worum ihm in Wirklichkeit zu tun ist. Mit dem Bonner Beschluß ist weder Staat noch Koalition zu machen. Mit anderen Worten: Er steht Fücksens Willen zur Macht im Wege. Und das ist auch gut so. Thomas Hase, Hamburg
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