Gary Voscherau meets Krista Kelly: Polit-Western ohne happy end?

■ Rot-Grüne Koalitionäre treffen sich zur Wochenend-Klausur vor der Stadt / Kommt es heute in Norderstedt-City im „Schmökerhof“ zum showdown   By Uli Exner

High-Noon in Norderstedt? Wenn heute mittag, Punkt 12 Uhr, die beiden je zehnköpfigen Verhandlungskommissionen von GAL und SPD im Hotel „Schmökerhof“ zur Koalitions-vorentscheidenden Klausurtagung zusammenkommen, dann wird sich manch Teilnehmer so fühlen, wie dereinst Gary Cooper im legendären Leinwandschinken. Kleiner Unterschied: Das Drehbuch ist weitaus verwirrender. Unsicherheit dominiert die Szenerie, die Hände der Helden zittern.

Zum Beispiel bei der GAL. Nach den letzten beiden Verhandlungsrunden liegen die Nerven einiger Teilnehmer blank. Ein kaum verbrämter Rückzieher bei der Müllverbrennung – so nötig er mangels Alternative gewesen sein mag. Ein Rückzieher beim Automausstieg – so zwingend er angesichts der Rechtslage gewesen sein mag. Erste Kerben im SPD-Colt, die so manchen GALier fürchten lassen, daß das grüne Herz nach dem Show-down zu schlagen aufhören könnte.

Auch beim gemeinsamen Wochenende im Schmökerhof, so das düstere Szenario, könnten die GAL-VertreterInnen bei den entscheidenden Themen Hafen, Wirtschaft und Verkehr allzu leicht den Kürzeren ziehen. Schließlich habe sich schon in den vergangenen Verhandlungsrunden gezeigt, daß die Macht des – scheinbar – Faktischen in der Regel die Position der SPD-Unterhändler stärkt. Nur allzu gern wird das in Jahrzehnten monopolisierte Herrschaftswissen – wie zuletzt geschehen mit den Gesellschafterverträgen über die HEW-Atomkraftwerke – im entscheidenden Moment aus dem Senats-Halfter gezogen.

Hands up. Kein Wunder, daß inzwischen einige GALier mit dem Gedanken liebäugeln, sich lieber frühzeitig ins Oppositions-Sanatorium zurückzuziehen, als den staubigen Weg ins grüne Prinzipien-Grab anzutreten. The End? Der rote Star in Siegerpose? Halt, halt, lieber Westernfreund, so weit sind wir noch gar nicht.

Alles Taktik, alles Taktik, wir sind doch noch mitten im Film, rufen nicht nur die Unverdrossenen im grünen Lager.

Auch jene roten Regieassistenten, die sich massiv für die aktuelle Hamburger Polit-Inszenierung eingesetzt haben, bekommen angesichts weicher werdender GAL-Knie Bammel, daß die eigene Drehbuchversion eingestampft werden könnte.

„Knochenharte Verhandlungen“, erklärt Altonas SPD-Kreischef und Koalitions-Unterhändler Walter Zuckerer die Strategie seiner roten Revolverhelden, gehören doch nun mal dazu. Auch die Sozialdemokraten würden noch von ihrem stolzen Roß herabsteigen. Allerdings nicht am Anfang des Films, auch nicht in der Mitte, sondern zum Schluß.

Zuckerers Script sieht daher für dieses Wochenende zunächst vor, „auf einen Zwischenstand zu kommen, der eine Einigung nicht ausschließt.“ Das sei auch vorstellbar, wenn die dicken Verhandlungskaliber – vierte Elbtunnelröhre, Hafenerweiterung, Elbvertiefung – zunächst im langen Patronengurt mit der Aufschrift „Gary Voscheraus Dissensmunition“ landen. Wichtig sei, daß sie an diesem Wochenende noch nicht abgefeuert werden, sondern daß es Darstellern in Norderstedt endlich gelingt, „im Verhandlungsprozeß eine belastbare Arbeitsatmosphäre herzustellen.“

Daß es zum auch von einigen Sozialdemokraten dringend herbeigewünschten Show-down im Schmökerhof erst gar nicht kommt, davon ist einer überzeugt, der sich mit Waffen auskennt. Innensenator Werner Hackmann, vor Verhandlungsbeginn strikter Gegner einer Koalition mit der GAL, hält es inzwischen für „gut möglich“, daß erstens „auch in der nächsten Woche weiterverhandelt“ und zweitens „am Ende ein Gesamtpaket geschnürt“ wird. „Wenn das so weitergeht ...“ The end? Henning Cooper und Krista Kelly besteigen die Senatskutsche auf dem Weg in die rotgrüngoldene Zukunft?

Halt! Stop! Wir sind doch nicht im Film. Selbst wenn sich Hamburgs amtierender Hauptdarsteller über die warnenden Zurufe seiner Wandsbeker Beleuchtertruppe um Fraktionschef Günter Elste, die Drohungen der Produktionsgesellschafter um den Handelskammer-Boß Klaus Asche und die Mahnung des greisen Paten aus Langenhorn hinwegsetzen sollte.

Selbst wenn Krista Sager auf der GAL-Mitgliederversammlung doch noch Applaus bekommen sollte. „Der rotgrüne Alltag“, so müssen selbst die größten Fans der rotgrünen Inszenierung zugeben, wird „grau, grau, grau“.

Ein Streifen ganz ohne Happy end.