„Das ist alles ein Wirrwarr von Zahlen“

■ Will der Bund in Berlin nicht zu Dumpingpreisen bauen? Der Heidelberger Unternehmer Ernst hat auf seine Kostenvoranschläge noch keine Reaktion erhalten

Der Heidelberger Unternehmer Roland Ernst engagiert sich in der Initiative „Berlin '98 – Investoren für die Hauptstadt“. Ernst und andere Unternehmen kritisieren die hohen Kosten der geplanten Baumaßnahmen des Bundes in Berlin, die sie für nicht umzugsförderlich halten. Der Bauunternehmer präsentiert eigene Vorschläge: „Statt 17.000 Mark pro Quadratmeter nur 7.000 Mark pro Quadratmeter.“

taz: Herr Ernst, sind denn schon direkte Gespräche zwischen der Initiative und dem Bundesbauministerium geführt worden?

Roland Ernst: Nein.

Haben Sie Ihre Zahlen der Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer vorgelegt?

Ich bin auf Frau Schwaetzer zugegangen und warte jetzt auf eine Reaktion. Frau Schwaetzer ist sicherlich eine fähige Politikerin, ich möchte ihr nicht zu nahe treten. Aber auf dem Gebiet ist sie einfach überfordert. Ich bin Bauexperte und kann morgen auch keine Hirnchirurgie machen. Und Frau Schwaetzer ist, glaube ich, Apothekerin.

Aber die Mitarbeiter in der Bundesbaudirektion kommen doch aus dem Fach.

Sie kommen zwar aus dem Fach und sind Herren mit exzellenten Examen, sicherlich Fachleute. Nur stehen sie nicht im freien Wettbewerb. Das ist meiner Meinung nach das Problem, denn das entfernt sie von der Praxis.

Sind Ihre Zahlen dem Bonner Bauministerium denn bekannt?

Die Zahlen sind nachvollziehbar anhand des Ministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, das wir im Moment in Bonn bauen. Wenn wir die Flächen vergleichen, die der Bund nun in Berlin bauen will und hier angegeben hat mit 17.000 Mark, liegen wir bei diesen Flächen etwa bei 7.000 Mark pro Quadratmeter. Oder, umgerechnet, wir haben einen Kubikmeter umbauter Raum von 850 Mark, während die Preise, die der Bund nennt, etwa bei 3.500 Mark liegen. Diese Zahlen sind für mich nicht verständlich. Selbst wenn man das mit extrem hohen Sicherheitsmaßnahmen begründet, kann dies immer noch nicht diese Dimensionen haben. In Bonn kalkulieren wir mit rund 50 Millionen Mark für Sicherheitsvorkehrungen. Und die schlagen mit etwa 1.000 Mark pro Quadratmeter zu Buche. Aber niemals in der Größenordnung, die in der Regierungsvorlage zu Berlin genannt wird.

Wie kommen die Bonner Zahlen denn Ihrer Meinung nach zustande?

Das ist alles ein Wirrwarr von Zahlen, diese Regierungsvorlage. Es ist schon erstaunlich, zu welchen Preisen die kommen. Daraufhin haben wir diese Initiative gegründet, an Herrn Kohl geschrieben, daß die genannten Preise weit überhöht seien und man das für die Hälfte oder sogar noch günstiger machen könnte. Frau Schwaetzer hat ja darauf reagiert, indem sie sagte, gut, wir nehmen das Angebot an. Aber ich bin nicht sicher, daß dieses Thema ernsthaft aufgegriffen wird. Dieses Angebot zerstört momentan sicherlich die Landschaft. Aber es ist ein seriöses Angebot.

Welche Schritte müßten nun seitens des Bauministeriums unternommen werden?

Die müßten eine kleine Kommission bilden, keinen Behördenapparat. Es müßten maximal fünf Personen sein. Diese sollten sich mit uns zusammensetzen, damit wir wissen, wie sie überhaupt zu ihren Zahlen kommen. Wir würden ihnen unsere Zahlen präsentieren, wie wir sie aufgrund eines Wettbewerbs innerhalb der Bauindustrie realisieren.

... und heraus kommt Architektur von der Stange?

Nein, mit von der Stange hat das gar nichts zu tun. Wir sind einer der größten Vermieter der IBM Deutschland, und da kann man ja nicht sagen, daß die Objekte von der Stange haben. Wir bauen auch für Banken und Versicherungsgesellschaften. Wir würden niemandem zumuten, daß wir quasi Klapperkisten bauen. Es ist die Qualität, wie wir sie in der Friedrichstadtpassage bauen, mit namhaften Architekten wie Ungers, Kleihues oder wem auch immer.

Erscheint ein Investoren-für- Hauptstadt-Modell nicht unseriös? Will es auf Architekturwettbewerbe verzichten?

Was ist daran unseriös? Ich habe in Berlin mittlerweile den dritten Wettbewerb durchgeführt. Das heißt, wir stellen uns Architekturwettbewerben. Was die Zeitfrage anbelangt, reden die in Bonn von Jahren. Das ist alles Blödsinn. Einen Architekturwettbewerb mit allem drum und dran kann man in einem halben Jahr über die Bühne bringen.

Damit üben Sie doch auch politisch Druck aus?

Wir wollen, das ist auch der Grund des Zusammenschlusses gewesen, daß die Bundesregierung früher in Berlin ist. Es ist für die Stadt sehr wichtig. Wir sehen es überall, daß unsere ausländischen Partner jetzt schon langsam sagen, wir gehen für ein paar Jahre weg und kommen irgendwann wieder. Das sind ja Rieseninvestitionen, die hier vorgenommen wurden. Berlin ist sowieso momentan nicht in einer besonders erfreulichen Situation. Das Gespräch

führte Rolf Lautenschläger