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Per „Horrorkatalog“ will Opel sparen

■ Betriebsrat wendet sich gegen Sparprogramm

Bochum (taz) – Als die Vertrauensleute des Bochumer Opel-Werkes gestern in einer Info-Stunde über die Details des neuen Kostensenkungsprogramms ihres Managements informiert wurden, da hätten nach den Worten des Betriebsratsmitgliedes Hans Reppel „viele am liebsten sofort die Brocken hingeschmissen“. Letztlich kam es trotz der Empörung über den „Horrorkatalog“ gestern noch nicht dazu – doch diese Ruhe trügt. Die Bochumer Opel-Belegschaft werde die vom Unternehmensvorstand vorgegebene Linie gewiß nicht kampflos schlucken, meint Reppel.

Bei der Linie handelt es sich um eine neue Betriebsvereinbarung zwischen der Opel-Geschäftsleitung und dem Gesamtbetriebsrat. Am Mittwoch verbreitete die Rüsselsheimer Opel-Zentrale, daß bei diesen Verhandlungen nun „ein Durchbruch gelungen“ sei. Wörtlich hieß es in der Erklärung: „Im einzelnen haben Geschäftsleitung und Betriebsrat sich darauf verständigt, künftige Tariferhöhungen nicht mehr voll auf die Löhne und Gehälter weiterzugeben.“ Das diesjährige Weihnachtsgeld soll um 30 Prozent gekürzt, der betriebliche Zuschuß zum Kurzarbeitergeld soll ab dem kommenden Jahr erst mit dem vierten Tag beginnen und prozentual geringer ausfallen. Von 1994 bis 1997 soll das Weihnachtsgeld zudem an die Entwicklung des Krankenstandes gekoppelt werden. Nur wenn die Krankenrate bis Ende 1994 auf sieben und bis Ende 1996 auf sechs Prozent sinkt, will das Unternehmen das volle 13. Monatsgehalt zahlen. Tarifvertraglich garantiert sind nur 60 Prozent dieses Monatslohns. Mit weiteren „Kostenstrukturverbesserungen“ soll die Produktivität außerdem um mindestens 30 Prozent verbessert werden.

Opel-Vorstandschef David Herman wertet das ganze Projekt so: „Mit dieser langfristigen Regelung hat Opel erneut bewiesen, daß in Deutschland neue und innovative Ideen zur Standortsicherung gemeinsam mit den Arbeitnehmern möglich sind.“ Die von der Geschäftsleitung verbreitete Einigung gibt es nach Informationen aus dem Bochumer Betriebsrat nicht. Hans Reppel: „Der Betriebsrat hat noch nichts unterschrieben.“ Der stellvertretende Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Martin Schwarz, der für die Arbeitnehmerseite an den Verhandlungen beteiligt war, hält die noch nicht ratifizierte Vereinbarung dagegen für „überwiegend positiv“. Über die Einschätzung von Schwarz schüttelt man in Bochum nur noch den Kopf. Während der Betriebsräte-Vollkonferenz in der nächsten Woche in Rüsselsheim soll jetzt versucht werden, zu einer einheitlichen Position zu gelangen. „Wir können das Ding nur abwenden, wenn die 50.000 Opel-Beschäftigten geschlossen dagegen vorgehen“, hieß es gestern im Bochumer Opel- Werk, das rund 16.600 Menschen beschäftigt. Walter Jakobs

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