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Kroatische Küche, deutsch serviert

■ Die frustrierende Suche nach einem Arbeitsplatz in Deutschland

Man nennt sie Nachzügler. Das sind Kinder oder Ehepartner, denen aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit zu ihren Verwandten, die in der Bundesrepublik leben, der Aufenthalt hier gestattet wird. Herr V – er möchte nicht beim Namen genannt werden – ist ein Nachzügler, ein Kroate, dessen berufstätige Frau sich seit längerem in Deutschland aufhält. Herr V., gerade 35 Jahre alt geworden, hatte in seiner Heimat eine gutgehende Werkstatt. Er ist Maschinenbauer. Doch die politischen Umstände, Angst und Unsicherheit trieben zunächst seine Frau und schließlich ihn in die BRD.

Vor zwei Jahren kam er nach Deutschland, suchte nach einer geeigneten Arbeit, fand schließlich eine Stelle in einer Glasfabrik. Wegen gesundheitsschädigender Auswirkungen, die er sehr bald zu spüren bekam, kündigte er die Stelle. Die Hoffnung, eine seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeit zu finden, hatte er längst aufgegeben. Er mußte sich mit einer einfachen Arbeit zufriedengeben, was für ihn eine große Überwindung bedeutete. Ein Restaurantbetrieb am Frankfurter Flughafen erklärte sich bereit, ihn als Kellner einzustellen. Hierfür benötigte er erneut eine Arbeitserlaubnis. Denn die Arbeitserlaubnis, die Nachzügler erhalten, ist befristet und immer an eine bestimmte Arbeitsstelle gebunden. Zu seiner Verwunderung erhielt jedoch Herr V. auf sein Gesuch eine Absage. Die lapidare Antwort des Arbeitsamts: „Ihrem Antrag kann leider nicht stattgegeben werden.“ Begründung: „... Eine Arbeitserlaubnis darf künftig nur noch erteilt werden, wenn es trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten des inländischen Arbeitsmarktes nicht gelingt, den betreffenden Arbeitsplatz mit einem Arbeitslosen bevorrechtigten Arbeitnehmer zu besetzen.“ Bevorrechtigte sind Deutsche und Angehörige der EG-Staaten. Ein Arbeitgeber müsse in jedem Einzelfall nachweisen, daß seine Bemühungen, deutsche und bevorrechtigte Bewerber zu gewinnen, über einen Zeitraum von sechs Wochen erfolglos geblieben sind. Das Arbeitsamt hält den Zeitraum von sechs Wochen für „angemessen“. Zähneknirschend mußte sich Herr V. der Verordnung fügen.

Der Besitzer des Restaurants wurde vom Arbeitsamt aufgefordert, die offene Stelle auf dem Arbeitsmarkt anzubieten. Tatsächlich fand sich zum Leidwesen des Herrn V. nach vier Wochen ein Bewerber germanischer Abstammung. „Mir scheint“, sagt Herr V., „daß wir künftig als verlängerter Arm des Arbeitsamts fungieren müssen. Wir suchen die Arbeit, aber nicht für uns, sondern für bevorrechtigte Deutsche und Angehörige der EG-Staaten.“

Dennoch suchte V. erneut eine Arbeit und wurde schließlich in einem kroatischen Restaurant fündig. Er sich sicher, daß er zumindest für diese Stelle die Arbeitserlaubnis erhalten würde. Es würde dem Arbeitsamt wohl einleuchten, daß in einem kroatischen Restaurant, wo fast ausschließlich kroatische Gäste verkehren, ein kroatischer Kellner wohl einem deutschen zu bevorzugen ist, dachte er. Irrtum. Auch sein zweiter Antrag wurde mit derselben Begründung abgelehnt. Nun ist Herr V. seit Monaten arbeitslos. Wie will er aus dieser Misere herauskommen? Schwarzarbeit? „Das wird wohl der letzte Ausweg sein“, gesteht er resignierend. „Man zwingt uns ja gerade dazu. Mir soll es recht sein. Da verdiene ich sicherlich mehr als ein Kellner und kann dazu noch wieder in meinem Fach arbeiten.“ Bahman Nirumand

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