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Unterm Strich

Die Rechte bringt für den Kulturkampf im Wahljahr 1994 ihre Kanoniere in Stellung. Eine flotte Karriere ist da manchem beschieden: Der Cheflektor des Ullstein-Verlags, Rainer Zitelmann, muß sich demnächst nicht mehr auf Interviews mit der Jungen Freiheit einlassen, wenn er seine Weisheit unters Volk bringen will. Er wird zum 1.1. 1994 verantwortlicher Redakteur des Ressorts „Geistige Welt“ bei Springers Welt. Man darf gespannt sein, ob Die Welt uns nun mit Interviews von Redakteuren der Jungen Freiheit überraschen wird. Herrn Zitelmanns geistige Welt jedenfalls ist nahezu deckungsgleich mit der eines gewissen östlichen Bundespräsidentschaftskandidaten, wie schon an verschiedenen Stellen demonstriert wurde. Na denn – Heitmannsheil!

Deutsche Städte lassen sich nicht entmutigen und bewerben sich weiterhin eifrig um internationale Veranstaltungen. Weimar hofft darauf, am 5. November in Brüssel den Zuschlag der europäischen Kulturminister bei der Bewerbung um den Titel „Kulturstadt Europas 1999“ zu erhalten. Das würde schön passen, weil man dann gleich den 250. Geburtstag Goethes abfeiern könnte. Weimar würde die bisher kleinste europäische Kulturmetropole sein. Die Stadt liegt, wie der Ticker so schön dichtet, „im Herzen Deutschlands“ und hat sich „den Charme einer verträumten Residenzstadt erhalten“. Buchenwald ist ja bekanntlich ganz nebenbei. Vielleicht kein schlechter Ort für solche Feiern. Reale Chancen rechnen sich allerdings auch noch Avignon und Bologna aus.

Die Stadt Dresden meldet Erfolge bei der Initiative zum Wiederaufbau der Frauenkirche. Die Gesellschaft zur Förderung dieses Unterfangens hat neuerdings sogar Bill Clinton dazu bewegen können, mit seinem Konterfei auf einer Gedenkmünze die Sache zu unterstützen.

Der Theater-, Musik- und Literaturkritiker Joachim Kaiser hat am Sonntag den Ludwig Börne-Preis in der Frankfurter Pauslkirche erhalten. Der Preis, der heuer zum ersten Mal vergeben wurde, soll die schöne „Institution Kritik“ stärken – mit einem schönen Preisgeld von 40.000 DM.

Heine in, Goethe out: Ein Brief von Heinrich Heine an seinen Verlag Hoffmann & Campe ist am Sonntag in Wien zum sensationellen Preis von 17.000 DM, dem Doppelten des Schätzpreises, versteigert worden. Autographen von Goethe stagnierten bei der ausgerufenen Summe.

Nationale Trauer in Italien: Der Leichnam Federico Fellinis soll am Dienstag in einem Studio der römischen Filmstadt Cinecitta aufgebahrt werden. Die nationalen Trauerfeierlichkeiten werden am Mittwoch in Rom stattfinden und vom italienischen Fernsehen direkt übertragen. Anschließend soll Fellini in seiner Heimatstadt Rimini an der Adriaküste beigesetzt werden.

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