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■ Das PortraitM.Schieferdecker-Adolph

Im Mai 1989 gründete die Theologin Marita Schieferdecker-Adolph mit anderen engagierten DresdnerInnen das ökumenische Begegnungszentrum „Cabana“. Der Samstag-Treff wurde sofort zur wichtigsten Adresse für die in der Stadt lebenden AusländerInnen. Vor allem die ArbeiterInnen aus Mosambik und Vietnam wußten, wohin sie gehen können, wenn sie aus ihren Bettenburgen herauswollten. Und für nicht wenige DresdnerInnen war „Cabana“ ein Guckloch in die weite Welt.

Seitdem sie von Oberbürgermeister Herbert Wagner (CDU) als seine Ausländerbeauftragte ins Rathaus geholt wurde, steckt Marita Schieferdecker-Adolph zwischen Baum und Borke. Für Wagner, der durch seine Stadt vier Neonazi-Aufmärsche ziehen ließ, hat sie Alibifunktion: Immer wenn in Dresden, zeitweilig als „Hauptstadt der Bewegung“ verschrien, Rechtsradikale die Fahnen schwenkten und AusländerInnen bedroht wurden, war es die Ausländerbeauftragte, die sich dazu öffentlich äußerte, und war es der Oberbürgermeister, der dazu beredt schwieg.

Dresdens Ausländerbeauftragte Foto: Zentralbild

Sie bemühte sich um Kontakte zu jugendlichen Rechtsradikalen, was ihr auch recht schnell gelang, sprach mit den Glatzköpfen der Kameradschaften Gorbitz und Johannstadt und war immer bemüht, diese Leute mit AusländerInnen zusammenzuführen. Umstritten war ihr Umgangston mit den Rechten schon damals, auf beiden Seiten.

Unbeirrt von den Auseinandersetzungen um ihre Israelreise mit 19 Rechtsradikalen, erklärte letzte Woche ein Sprecher des Dresdner Ausländerrates: „Marita hat viel für die Ausländer hier getan, und wir arbeiten gut mit ihr zusammen.“ Diese Würdigung schließt Kritik durchaus ein. Zuviel missionarischer Eifer für die Fremdenhasser, zuwenig Zeit für die Fremden, das werfen ihr schon länger Stimmen aus dem kleinen Kreis Dresdner Ausländerinitiativen vor.

Die Kosten der Israelreise will sie jetzt aus eigener Tasche begleichen. Was die Fahrt für die Jungmänner gebracht hat, ist völlig offen. Für die in ihre vier Wände zurückgezogen lebenden AusländerInnen Dresdens hat sich nichts geändert. Vorläufig jedenfalls. Marita Schieferdecker-Adolph denkt jetzt darüber nach, ob sie für die Aufgabe geeignet sei. Fällt ihr Befund negativ aus, will sie zurücktreten. dek

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