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Die Rückkehr der Todesschwadrone

Wenige Wochen vor Wahlkampfbeginn häufen sich in El Salvador die Morde an ehemaligen Guerilleros / Amnestie hat die Aufarbeitung der Verbrechen der Vergangenheit bisher verhindert  ■ Von Ralf Leonhard

Miami (taz) – Wenige Wochen vor dem offiziellen Beginn des Wahlkampfes versuchen rechtsextreme Todesschwadrone, die ehemalige Guerillafront FMLN durch eine Mordserie zu provozieren. Innerhalb von fünf Tagen wurden zwei ehemalige „Comandantes“ und ein Ehepaar von Ex-Guerilleros ermordet. Für den Menschenrechtsexperten der UN-Beobachtermission Onusal, Diego Sayan, haben diese Bluttaten eine neue Qualität. Denn „die Mörder versuchen nicht mehr, sie als gemeine Verbrechen zu tarnen“.

Am 25. Oktober war der 34jährige Francisco Velis, Mitglied der politischen Führung der FMLN- Organisation PRTC, durch einen Kopfschuß exekutiert worden, als er seine Tochter in den Kindergarten bringen wollte. Am Samstag wurde das bisher höchstrangige Opfer gefoltert und ermordet, der ehemalige militärische Kommandant der Südostfront Usulutan, Hernan Heleno Castro, bekannt als „Comandante Carmelo“. In der Region, die seinem Kommando unterstand, werden Landkonflikte erbittert ausgetragen. Wenige Tage vorher waren Medardo und Victoria Brizuela am Guazapa- Vulkan, einer der ehemaligen FMLN-Hochburgen, ermordet worden.

Während eine Delegation, angeführt von FMLN-Koordinator Schafik Handal, in New York ist, um die Vereinten Nationen zu entschlossenerem Eingreifen in den Friedensprozeß El Salvadors zu bewegen, wächst die Kritik an der Regierung Cristiani und den Geheimdiensten der US-Regierung, die eine Untersuchung der Aktivitäten der Todesschwadrone verhindert haben. In einem im März veröffentlichten Bericht der „Wahrheitskommission“ waren zahlreiche Verbrechen der vergangenen Dekade den paramilitärischen, mit der Armee und Teilen der Oligarchie verquickten Gruppen angelastet worden. Die unter Zeitdruck arbeitende Kommission konnte aber keine Beweise beibringen, da ihr Informationen über Geldtransfers verdächtiger Personen in den USA verweigert wurden. Einer Aufforderung, die Verbindungen dieser Gruppen zu salvadorianischen Geschäftsleuten in den USA zu untersuchen, ist die salvadorianische Regierung nicht nachgekommen.

Im Gegenteil: durch eine überstürzte Amnestie hat sie jede Aufarbeitung der Verbrechen der Vergangenheit verhindert. Ein 270 Seiten starker Bericht des FBI aus dem Jahr 1983, der Querverbindungen zu in Miami lebenden Mitgliedern der salvadorianischen Oligarchie herstellt, wurde von der Bush- Regierung zur Geheimsache erklärt. Unter Bill Clinton werden einige der bisher aus „Staatsinteresse“ unter Verschluß gehaltenen Dokumente nach und nach freigegeben. Ein im Miami Herald zitierter Botschaftssprecher in San Salvador wußte aber nicht, ob der FBI-Bericht dazugehört. Die von Mitgliedern der berühmten 14 Familien der salvadorianischen Oligarchie geründete „Salvadorian-American Foundation“ in Miami ist eine Pressure- Group mit wachsendem Einfluß. Keiner weiß genau, was sie mit den vielen Spenden machen.

Wenige Tage vor den jüngsten Morden veröffentlichte die Onusal ihren Bericht über das Quartal von Mai bis Juli. Darin werden 52 Fälle von versuchter oder gelungener „willkürlicher Exekution“ dokumentiert. Die meisten werden „geheimen Gruppen, die mit Methoden der Todesschwadrone operieren“ angelastet. Führende FMLN- Mitglieder vermuten, daß die Morde bewaffnete Reaktionen der ehemaligen Guerilla provozieren sollen, die den Friedensprozeß zum Scheitern bringen würden.

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