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Stoiber ist Trendsetter für die Europapolitik der Union

■ CDU-Generalsekretär Hintze im Spagat: Kein Festhalten am Bundesstaat Europa und doch Festhalten an Adenauers Europapolitik

Bonn (taz) – Edmund Stoiber ist auf dem besten Weg vom Störenfried und Wadenbeißer zum europolitischen Trendsetter der Union. Noch Anfang der Woche schien der demonstrative Bruch des bayerischen Ministerpräsidenten mit der Europapolitik Adenauers und Kohls eine Außenseiterposition innerhalb der Schwesterparteien zu markieren. Aber, so zeigte sich gestern in Bonn, der CSU-Politiker liegt mit seinem kritischen Äußerungen zum Integrationsprozeß nicht mehr quer zur Sprachregelung der CDU. Deren Generalsekretär Peter Hintze nahm gestern für seine Partei offiziell Abschied vom Fernziel eines europäischen Bundesstaats.

Dabei brachte Hintze das Kunststück fertig, Stoibers Aussagen einerseits kaum zu widersprechen, andererseits zu behaupten, inhaltlich werde die CDU ihre Europapolitik nicht ändern: „In der Sache bleibt der Kurs, wie ihn Adenauer vertreten hat.“

Stoiber hatte am Dienstag einen „Bruch“ mit der europapolitischen Kontinuität der Union gefordert und behauptet, nicht nur die CSU, sondern die „Union insgesamt“ vollziehe diese Abkehr von der Tradition. Der CSU-Politiker distanzierte sich ausdrücklich vom europapolitischen Konzept des Bundeskanzlers: Kohl sei in einer Zeit aufgewachsen, in der viele Deutsche eine europäische Identität gesucht hätten. Die Zeit der europäischen Hoffnungen sei aber nach der Wiedervereinigung vorbei. Es könne nur noch darum gehen, einen bloßen Staatenbund mit Austrittsmöglichkeit zu verwirklichen.

Trotz der Angriffe auf Kohl waren harte Reaktionen auf Stoibers Aussagen aus der Union ausgeblieben: Regierungssprecher Vogel sagte, Kohl, wahrscheinlich aber das ganze Kabinett, fände die Diskussion „nicht über Gebühr bedeutungsvoll“. Außenpolitiker der CDU bezeichneten eine Diskussion um eine Wende in der Europapolitik als eine „Belastung“, werteten aber Stoibers Forderungen als eine spezifisch bayerische Sicht.

CDU-Generalsekretär Hintze bestätigte gestern indirekt, daß die neue Linie dem nationalen Trend in der Bundesrepublik Rechnung trägt. Die Abkehr von der bewährten Sprachregelung zur europäischen Einigung begründete er unter anderem mit einem Satz: „Wir wollen nicht falsche Assoziationen auslösen.“ Zuvor hatte Hintze auf die Europawahl vom 12. Juni 1994 hingewiesen.

Nur verquaste Formulierungen fand der CDU-Politiker für das „Neue“ in der CDU-Europapolitik, das angeblich in den alten Begrifflichkeiten nicht mehr zu fassen sei: „Europa ist ein politisches Gebilde sui generis, das im Prozeß des Entstehens seine eigene Fortentwicklung findet.“

Inhaltlich grenzte sich der CDU-Generalsekretär nur in zwei Punkten klar von Stoibers Forderungen ab: Eine Verlangsamung des europäischen Integrationsprozesses komme für die CDU nicht in Frage, sagte er. Als „irritierend“ bezeichnete er Stoibers Forderung nach einer Bewußtwerdung der „deutschen Identität“. Nicht einlassen wollte sich der CDU-Generalsekretär auf einen Vergleich der europakritischen Äußerungen des Präsidentenkandidaten Heitmann mit denen Stoibers: „Ich will keine Textexegese betreiben.“ Hans Monath

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