: Künstliche Aufregung
■ Eine Zukunftsvision ruft Kampnagelgegner auf den Plan
Kurz vor dem Ende der Ausschreibungsfrist für die Developer-Büros, die sich mit der zukünftigen Nutzung der Kampnagel-Randzone auseinandersetzen sollten, kocht über dieses sensible Thema etwas künstliche Aufregung hoch. Grund ist ein Gedankenspiel des kaufmännischen Leiters von Kampnagel Jack F. Kurfess, der einige Visionen über eine attraktivere Gestaltung der Hallen der Presse vorgestellt hatte. Im Zusammenhang mit einem Entwurf der Architekten Volkwin Marg und Berhard Winking, den die ehemalige Kampnagel-Trägervereins-Vorsitzende und SPD-Abgeordnete Anke Kuhbier initiiert hat, hatte Kurfess seine Vorstellungen eingebracht.
Sein Wunsch, die brachliegenden Flächen innerhalb des Hallenkomplexes langfristig so umzugestalten, daß ein gemeinsames Foyer für alle Hallen entsteht (siehe Plan), rief, dank der reißerischen Berichterstattung einer Hamburger Boulevardzeitung, alle auf den Plan, die nur zähneknirschend mit der Realität „Kulturfabrik“ leben. Insbesondere Finanzsenator Wolfgang Curilla reagierte umgehend mit einer harschen Attacke gegen Kurfess. Unverhohlene Drohung der Presseerklärung: „Angesichts der wirtschaftlichen Gesamtlage“ müßten in erster Linie „Symbole des allgemeinen Wohlstands dem Bemühen um den Erhalt eines unverzichtbaren sozialen Standards weichen.“ Auch der moderate Zusatz, man bemühe sich um eine „behutsame“ Umsetzung des Bebauungsplans, macht den Einschüchterungsversuch nicht freundlicher.
Planungsrealität ist zudem, daß die Finanzbehörde unter Abstimmung der beteiligten Behörden und des Bezirkes aber unter Ausschluß der Kampnagelleitung ihre Planspiele betreibt. Zwei Developer werden am 10. November versuchen darzulegen, ob die innerbehördlichen Konflikte in einer einheitlichen Lösung zusammenfass-bar sind. Streitpunkt ist insbesondere die Frage der Wohnbebauung auf dem Gelände, die Finanzbehörde und Bezirk befürworten.
Auch der Marg/Winking-Plan sieht Wohnbebauung vor. Daneben favorisieren auch sie dort ein Medienzentrum. Ansonsten ruft der Plan den Widerstand der Bezirkspolitiker hervor, weil er die Barmbeker Straße unbebaut läßt und (wegen des kontaminierten Bodens) auf eine Tiefgarage verzichtet. Bürgermeister Voscherau hat, laut Kuhbier, den Plan wohlwollend aufgenommen und will sich nach den Koalitionsgesprächen selbst damit beschäftigen, macht eine Entscheidung aber auch von dem zukünftigen Investor abhängig. Till Briegleb
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