: Nase schneuzen und durch
■ Gegen Schnupfen ist kein Kraut gewachsen, wohl aber lassen sich die Symptome lindern. Sprays machen die verstopfte Nase frei, Kochsalzlösung hilft auch
„Die Menschheit muß mit Infektionen leben.“ Professor Wolfgang Stille weiß um die Grenzen ärztlicher Kunst. Bei manchen Erkrankungen sind Mediziner einfach machtlos, da nützt weder Vorbeugen noch Behandeln, noch Pillenschlucken. Da heißt es Nase schneuzen und durch. „Was man nicht ändern kann, das soll man ertragen“, sagt der Infektionsexperte der Frankfurter Universitätsklinik.
Die Rede ist vom Schnupfen. Er ist unvermeidbar wie das Fallen der Blätter im Herbst oder die Weihnachsansprache von Kanzler Kohl. Jeder bekommt ihn, immer wieder, bis ans Lebensende. Anders als bei Masern oder Mumps, schützt eine überwundene Erkältung nicht vor neuem Ungemach.
Zeigen sich erste Symptome, ein Kratzen im Hals, ein Kribbeln in der Nase, dann ist es auch schon zu spät: Die Dinge nehmen unweigerlich ihren Lauf. Die Nasenschleimhäute schwellen und sondern ein wäßriges Sekret ab. Die Nase wird wund vom vielen Schneuzen, und das Atmen fällt schwer. Doch nach sieben Tagen sind die Schniefnasen in der Regel wieder gesund.
Das Öko-Test-Magazin hat 35 Schnupfenpräparate bewerten lassen. Das Ergebnis ist erfreulich: Die Mehrzahl taugt tatsächlich dazu, die verstopfte Nase freizumachen. Die Ursache bekämpfen können sie jedoch nicht. Der Körper muß selbst mit den Schnupfenerregern fertigwerden. Das ist jedoch nicht weiter schlimm, da man an Schnupfen bekanntlich nicht stirbt und auch keine bleibenden Schäden davonträgt.
Immerhin lassen sich mit einem Mittel die Symptome lindern. Sprays oder Tropfen bringen die Nasenschleimhäute zum Abschwellen und verringern die Schleimproduktion. Alle sind jedoch bestenfalls eingeschränkt zu empfehlen. Sie sollten nur in der Hochphase des Schnupfens und nicht länger als drei Tage angewandt werden. Danach muß eine Pause von zehn Tagen eingehalten werden, sonst kann sich die Schleimhaut an die Mittel gewöhnen und nach dem Absetzen erst recht anschwellen. Der Erkältungsschnupfen wird dann von einem medikamentösen Schnupfen abgelöst. Wird der weiterhin mit Sprays bekämpft, riskieren die Betroffenen, daß ihre Nasenschleimhaut schwer geschädigt wird.
Weniger empfehlenswert sind Mittel auf der Basis von ätherischen Ölen. Sie lösen zwar bei den Schniefnasen das Gefühl aus, wieder besser Luft zu bekommen, doch sie haben keine nachweisbare schleimhautabschwellende Wirkung. Somit tragen sie nicht dazu bei, die Zugänge zu den Nasennebenhöhlen freizuhalten, damit sich dort keine Entzündungen entwickeln. Zur unterstützenden Behandlung von Atemwegserkrankungen sind solche Präparate jedoch geeignet, weil sie die Bronchien erweitern und das Atmen erleichtern.
Präparate mit Kampfer und Menthol dürfen sich Kinder unter sechs Jahren nicht in die Nase träufeln, weil sie schwere Kreislaufstörungen bis hin zum Atemstillstand auslösen können. Die Hersteller wissen um diese Gefahr, verschweigen aber die möglichen Schäden. Statt einer klaren Warnung steht zum Beispiel auf dem Etikett von „Wick Sinex“ nur der Hinweis „für Erwachsene und Kinder ab 6 Jahren“. Ebenso hält es die Firma Ratiopharm bei ihrem „NasenÖl-ratiopharm“.
Wer nicht an einem Medikament schnüffeln will, kann eine einprozentige Kochsalzlösung anwenden, die es in einer Pipettenflasche in der Apotheke zu kaufen gibt. Kochsalzlösung ist zwar nicht so wirksam, schädigt aber nicht die Schleimhaut. Immer wieder gut tun auch: ein heißes Bad, zwei Liter Tee und ein Tag im Bett. Martina Keller
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