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Haase ist Aufgabe nicht gerecht geworden

■ BVG-Konflikt spitzt sich weiter zu: Der SPD-Vorsitzende und Fraktionschef Ditmar Staffelt favorisiert eine Aufteilung der Verkehrsverwaltung auf die Senatsressorts für Stadtentwicklung und Bau

taz: Herr Staffelt, nennen Sie mir einen guten Grund, weshalb Verkehrssenator Herwig Haase noch im Amt verbleiben soll.

Staffelt: Da muß ich schon eine Weile überlegen. Meines Erachtens nach muß die CDU das Problem jetzt eigenverantwortlich und aus eigenem Interesse lösen. Verkehrssenator Haase hat bisher nicht unter Beweis stellen können, daß er den Aufgaben der verkehrlichen Gestaltung Berlins nach dem Fall der Mauer in gewünschtem Maße gerecht werden kann.

Wenn dem so ist, könnte doch das Senatsressort für Verkehr und Betriebe abgeschafft werden. Die Betriebe werden eh privatisiert, und die Verkehrsplanung und -gestaltung könnten von der Stadtentwicklungs- und der Bauverwaltung übernommen werden.

Es sollte der CDU überlassen bleiben zu entscheiden, wo nach einer etwaigen Auflösung die Verkehrsverwaltung ressortieren sollte. Von der Aufgabenstellung her böte es sich an, das Ressort dem Stadtentwicklungssenator und dem Bausenator zuzuordnen.

Denken Sie denn über eine Verkleinerung des Senats nach?

Ich habe bereits mehrfach über eine solche Möglichkeit nachgedacht. Vor dem Hintergrund der Verwaltungsreformbeschlüsse wäre es sicher sinnvoll, manches zusammenzufassen.

Am Freitag hat der Verwaltungsrat der BVG sich darauf verständigt, die Tariferhöhung bei der BVG nicht zurückzunehmen. Für den parlamentarischen Geschaftsführer ihrer Fraktion, Horst Joachim Kern, war damit eine neue Konfliktdimension erreicht. Trotzdem wird sich der Koalitionsausschuß erst Ende der kommenden Woche zusammensetzen. Woher kommt diese plötzliche Langmut?

Es hat keinen Sinn, sich zusammenzusetzen, wenn die Unterlagen noch nicht vorliegen. Uns ist mitgeteilt worden, daß erst Ende der Woche der Wirtschaftsplan der BVG vorliegen kann. Des weiteren hat Haase den Auftrag, bis kommenden Dienstag die Planungen für das Busspursystem in der ihm aufgetragenen Größenordnung vorzulegen. Zudem kann erst bis zum 1. Dezember ein Unternehmenskonzept für die BVG vorgelegt werden. Dies alles ist zu berücksichtigen, denn wir haben ja Tariferhöhungen nicht grundsätzlich, sondern vor dem Hintergrund des Fehlens wichtiger Daten zurückgewiesen.

Der Hauptausschuß hat, ich nehme an, auf Ihr Bitten hin, die Beratungen über den Etat des Verkehrssenators zurückgestellt. Machen Sie die Zustimmung zu dem Haushalt abhängig von der Erfüllung ihrer Forderungen?

Das haben wir immer gesagt. Wir müssen Klarheit darüber haben, daß die BVG und der zuständige Senator alle Bedingungen erfüllt haben, um die Kostenstruktur der BVG günstiger zu gestalten.

Werden Sie auch über eine Senatsverkleinerung debattieren?

Zu einer solchen Debatte gehören immer zwei. Wir werden sicher die Frage erörtern müssen, wie es im Senat weitergehen soll, von daher wird dieses Thema auch angesprochen werden.

Will die SPD diese Verkleinerung?

Vor dem Hintergrund der Probleme mit dem Verkehrssenator und der Beschlüsse zur Verwaltungsreform ist es erforderlich, sich jetzt Klarheit darüber zu verschaffen, ob eine Verkleinerung noch in dieser Legislaturperiode herbeigeführt werden kann. Den zur Zeit kursierenden Spekulationen muß schnell ein Ende bereitet werden.

Ist das Koalitionsklima belastet?

Es gibt eine Reihe von Nervositäten und Unstimmigkeiten innerhalb der CDU. Von daher gibt es einige nicht unerhebliche Irritationen. Vor allem bin ich darüber betrübt, daß, wie bei der Akademie der Künste und bei der Busspur, immer wieder versucht wird, das auszuhebeln, was für das Gemeinwesen notwendig ist. Da wird unsinnig Kraft vergeudet. Das muß von der CDU-Führung in die Reihe gebracht werden. Mein Eindruck ist, daß es weniger um die Frage der Busspur oder der Tarifanhebung geht, sondern daß Haases Staatssekretär Schmitt sich für das Amt des Generalsekretärs der Berliner CDU interessiert. Der liefert in der Sache zwar keinen Beitrag, setzt sich statt dessen über uns als Medium mit dem Regierenden Bürgermeister und der CDU-Führung auseinander.

Sie meinen, über die Busspur werden eigentlich die Auseinandersetzungen des CDU-Parteitages vom kommenden Wochenende ausgetragen?

Ich denke schon, daß dieser Parteitag einige in der CDU sehr nervös macht, weil sie ihre parteiinternen Schlachten zu schlagen gedenken. Das wirkt sich in einer sehr unangenehmen Weise auf die Arbeit der Koalition aus.

Wir müssen die Lage nach diesem Parteitag neu betrachten, und ich hoffe, daß die Christdemokraten wieder zu den Hauptthemen zurückfinden. Interview: Dieter Rulff

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