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Lehrer Lämpel und das Erbe

■ Michael Haake bemüht sich als „Max und Moritz-Bühne“ um ein neues Kindertheater

Ja, man kann ihn als Schauspieler, Stückeschreiber, Regisseur und Bühneninhaber bezeichnen. „Aber am besten trifft's, wenn man mich Theaterdirektor nennt. Ich muß ja auch Bürokram machen.“ Michael Haake verzieht keine Miene. Seit sieben Jahren ist er Besitzer der Max und Moritz- Bühne, das als ältestes Kindertheater im deutschsprachigen Raum gilt. Der 31-jährige führt und bespielt das kleine Unternehmen in Personalunion. Michael Haake ist die Max und Moritz-Bühne, wie er sagt.

Als der Direktor vor vier Jahren nach Bremen kam, hatte er also auch sein Theater dabei. Die Max und Moritz-Bühne war seit ihrer Gründung 1928 in privaten Händen gewesen und von Berlin über Brasilien nach Göttingen gezogen. Dort wurde dann der Schauspieler Michael Haake als Lehrer Lämpel, Schneider Böck und Onkel Fritz engagiert. Ein halbes Jahr später war er 40.000 Mark los und um ein Kindertheater reicher. „Genauer gesagt kaufte ich da einen Namen, einen Pkw mit Anhänger und eine Reihe von umgeschriebenen Stücken.“

Max und Moritz natürlich, und dazu ein paar Grimmsche Märchen. „Bei meinem Vorgänger sollte das damals noch möglichst groß und laut sein. Wir haben vor 500 Kindern gespielt, das war für mich der Horror!“ Schritt für Schritt hat der Theaterchef das alte Erbe entstaubt, und Stückchen für Stückchen versucht er nun, selbst mit der überalteten Kindertheatertradition zu brechen.

„Ich schreib' etwas phantasievollere Märchendialoge, gehe weg von den statischen Bühnenbildern. Das Einmischen der Kinder ist für mich Gradmesser geworden.“ Gerne würde Michael Haake zwei bis drei SchauspielerInnen einstellen, aber dafür reicht das Geld nicht. Also werden für jede Produktion neue Leute gesucht, und die gehen dann mit dem Chef samt Sack und Pack auf Deutschlandtournee und spielen in Schulen, Bürgerhäusern, Stadtzentren.

Denn auch in Bremen fehlt Max und Moritz die eigene Spielstätte. Die Gruppe tingelt vom Freiraumtheater über den Schlachthof zum Haus im Park. Dort hatte im Oktober das Stück Geheime Freunde von Rudolf Herfurtner Premiere, für das es erstmals Förderung von der Kultursenatorin gab. „Die Geheimen Freunde waren für mich so etwas wie eine Mutprobe“, sagt Haake.

Neu war für ihn das Thema Nationalsozialismus: In den Geheimen Freunden kämpfen zwei jüdische Kinder mit den psychischen Folgen des Naziterrors. Trotz des ernsten Themas wollte Michael Haake aber, daß in seiner Inszenierung ein gewisser Humor übrig bleibt. „Wir waren froh, wenn die Kinder bei der Aufführung mal gelacht haben, sonst hältst du dieses Stück ja gar nicht aus.“

Neu war für ihn auch die ältere Zielgrupe der Zehn- bis Zwölfjährigen. „Obwohl wir bei den Proben nicht an unser Publikum gedacht haben, sondern so spielten, als spielten wir für uns selbst. Ich mag es nicht, wenn gekuckt und imitiert wird, wie die Kids heute drauf sind, das wird dann oft 'ne Karikierung.“

Am liebsten würde Michael Haake ja demnächst den Vorbesitzer der Max und Moritz- Bühne in Brasilien besuchen. Und dort mit den Geheimen Freunden auf Tournee gehen, wenn das Goethe-Institut zusagt. Till Eulenspiegel will er auch noch spielen. Und ab und zu natürlich den alten Wilhelm Busch. „Als Straßentheater wäre das mal toll. Es ist halt schon ein Fez. Ich bin ja selbst irgendwie eine Mischung aus Lehrer Lämpel und Schneider Böck. Ein bißchen hippelig.“ Silvia Plahl

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