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Verborgen wie der Haß

■ Mahnmal gegen Faschismus von Esther und Jochen Gerz in Harburg

Acht Jahre hat es die Harburger genervt und die internationale Diskussion belebt: das „Mahnmahl gegen Faschismus, Krieg, Gewalt — für Frieden und Menschenrechte“. Seit dieser Woche ist es endgültig im Boden versunken. Nicht aus Scham über die neuen Aktivitäten der Rechten, sondern gemäß dem Konzept der Künstler Esther und Jochen Gerz. Es sollte nur ein Denkanstoß auf Zeit sein und sich im Erinnern abstrahieren, statt als hoheitlich verordnetes Alibi zu dienen und durch Gewöhnung langsam unkenntlich zu werden.

1986 am Harburger Ring in der Nähe des Rathauses auf einer Art Backsteinkanzel zentral aufgebaut, wurde die zwölf Meter hohe Säule mit der Grundfläche von einem Quadratmeter jedes Jahr weiter abgesenkt, bis nun von ihr oben nur noch eine abschließende Bleiplatte und unten ein schmales Kellerfenster zum Blick aus der Fußgängerunterführung auf den im Schacht verborgenen Körper übrigblieb. Versteckt wie die ungern erinnerte Geschichte, mit dem Deutschland in diesem Jahrhundert seine inzwischen anderswo wieder modern gewordenen ethnischen Säuberungen durchgeführt hat; verborgen wie der untergründige Haß freundlicher Rentner auf diese ihrer unbeirrbaren Überzeugung nach sinnlose und scheußliche und zu teuere moderne Kunst, und doch durch die erklärenden Tafeln weiterhin so klar sichtbar - wie die über 20 Prozent Zustimmung zu rechtsradikalen Gruppen in einigen Harburger Bezirken am letzten Wahltag.

„Der Schornstein ist schon gut, er müßte nur noch rauchen“ wurde dem Künstler schon zwei Stunden nach der Einweihung gesagt, seitdem folgten an die 60.000 belegbare Kontakte mit dem Objekt. Denn die Bleioberfläche sollte beschrieben werden. Und das geschah: Zu den Namen kamen Hegel-Zitat, Hakenkreuz und „nazis raus“, Ein- und Auskratzungen bis zur nackten Gewalt, der ein Teil der Bleiplatten weichen mußte.

Für eben dies Harburger Mahnmal in seiner offenen und den Denkmalsbegriff auch im internationalen Vergleich mit neuem Sinn erfüllenden Konzeption und das noch abstraktere Pflaster-Mal im Schloßhof von Saarbrücken, bei dem die Unterseite der Steine beschrieben wurden, erhielt Jochen Gerz den Bremer Roland-Preis für Kunst im öffentlichen Raum. Dort arbeitet der Künstler momentan mit der „Bremer Befragung“ an einem Kunstprojekt, das folgerichtig auf jede Vergegenständlichung verzichtet, und allein auf das Gespräch mit dem Bürger setzt. Kunst kann nur anregen, vom Denken und Fühlen der Menschen selbst hängt das wirkliche Leben ab. So bleibt als Kerngedanke auf Dauer der in Konzept, Festakt und Schülerdiskussion immer wieder zitierte Satz: „Denn nichts kann auf Dauer an unserer Stelle sich gegen das Unrecht erheben.“ Hajo Schiff

1994 erscheint bei Hatje/Cantz eine Publikaktion, die schon jetzt für 50 Mark bei der Kulturbehörde zu bestellen ist. Das Projekt wird 1994 im Zentrum der Ausstellung „The Art of Memory“ des Jewish Museum in New York stehen. Diese Ausstellung kommt 1995 auch nach Hamburg.

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