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Mit Säure gegen Asbest

■ Pilotanlage zur Vernichtung von Schadstoffen bei Bremer Firma

Aus den Augen, aus dem Sinn. Nach diesem Motto wird überall die Sanierung von asbestverseuchten Gebäuden betrieben. Denn für die Öffentlichkeit ist die Entfernung von Asbest aus Schulen und Behördenbauten das Ende des Themas „Asbest“. Der gefährliche Baustoff verschwindet aber natürlich nicht — er wird auf Deponien verbuddelt. Über Wege, diese „Entsorgung“ zu verbessern, sprach gestern Werner Legat von der Firma „Solvay Umweltchemie“ aus Hannover in der Angestelltenkammer. Beim Fachtag zum Thema „Asbest und andere faserige Stäube in der Diskussion“ waren neben dem Bremer Asbestkataster und den Gesundheitsgefahren durch Mineralfasern und sicherheitstechnischen Maßnahmen vor allem „neue Wege zur Asbestsanierung“ in der Diskussion.

„Die Entsorgung verlagert den Problemstoff Asbest nur aus dem Gebäude auf die Deponie“, sagte Legat. Er geht von jährlich 3 Mio. Tonnen hochgiftigen Asbests aus, die entsorgt werden müssen. Den Müll auf die Deponie zu kippen, sei auch unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Lösung: „Auf den Deponiesäcken steht der Eigentümer des Asbestes. Bei einer fälligen Sanierung der Deponie wird er dann zum Regreß herangezogen.“ Genug Anreize auf dem expandierenden Markt der Sonderabfallentsorgung, um ein eigenes Konzept zu entwickeln.

Legats Firma hat das getan und ist auf die „Zersetzung durch Flußsäure“ gekommen. Das Materialgemisch, das von den Abrißstellen kommt, wird mit der Säure versetzt. Die aggressive Säure („vergleichbar mit konzentrierter Salzsäure“) zersetzt den Asbest. Übrig bleibt ein Stoff, der als Ausgangspunkt für Flußsäure dienen kann, und die Ausgangsstoffe für ein Holzschutzmittel und für Betonsteine. „Unsere Technik hat die beste Ökobilanz unter den bekannten Verfahren zur Vernichtung von Asbest“, sagt Legat. „Verbrennung, Verglasung und Einzementierung verbrauchen deutlich mehr Energie.“ Der Umweltchemiker wehrt sich gegen den Vorwurf, nur den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben: „Flußsäure ist gefährlich, aber ihre Risiken sind bekannt und beschrieben, man kann sie beherrschen.“

Eine Pilotanlage zur Asbestzersetzung steht seit einem Jahr auf dem Gelände der Bremer Entsorgungsfirma Kaefer. Noch sei die Anlage bei einer Kapazität von zwei Tonnen am Tag doppelt so teuer wie die Deponie, doch mit einigen Optimierungen will Legat „Marktpreisevon 1.500 Mark pro Tonne erreichen.“ Eine größere Anlage mit 10 Tonnen Tagesleistung soll bei Stuttgart entstehen. Finanziell eine lohnende Investition: Die Nachfrage nach einer Entsorgungstechnik wird stetig wachsen: Allein in Bremen sind von den bisher im Asbestkataster untersuchten 900 Häusern etwa 90 mit der Dringlichkeitsstufe 1 „sofort zu sanieren“ versehen, hieß es auf dem Fachtag. Bau- und Entsorgungsfirmen wie das Bremer Unternehmen Kaefer verdienen dabei doppelt: vor 20 Jahren am Bau der Gebäude, nun an der teuren Sanierung der Asbestbelastungen.

Bernhard Pötter

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