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■ betr.: „Kohl denkt an PKK-Ver bot“, taz vom 6.11.93

[...] Wenn auch unsere konservativen Politiker einem Volk das Recht auf Selbstbestimmung einräumen, so ist es legitim, daß die Kurden auch mit Gewalt gegen den totalitären Herrscher vorgehen. Es stellt sich allerdings die Frage, wie ihr Widerstand aussehen darf. Daß man nicht nach dem Motto Auge um Auge, Zahn um Zahn Brandsätze auf beliebige türkische Kneipen werfen darf, steht natürlich außer Frage. Überfälle auf türkische Konsulate und Einrichtungen halte ich hingegen dann für berechtigt, wenn sie dazu dienen, die Kriegspartei Türkei zu schwächen.

Nun geht es aber der PKK nicht nur darum, sich von der brutalen Unterdrückung zu befreien, ihre Anhänger bekämpfen auch andere Parteien, die sich zwar auch ein freies Kurdistan, dieses aber nicht unter der Herrschaft der PKK haben möchten. Die PKK führt also keinen legitimen Befreiungskampf; sie will die alte Herrschaft durch ihre ersetzen und unterdrückt dabei ähnlich wie das türkische Militär ihre eigene Bevölkerung im In- und Ausland.

Ein Verbot, wie es von denen gefordert wird, die alle Probleme mit Gesetzen, staatlicher Gewalt und Durchdringung zu lösen glauben, würde ebensowenig ändern wie das Verbot rechtsextremistischer Parteien, die dann im Untergrund weiteragieren und sich in ihrer Ausgrenzung sogar noch gestärkt fühlen würden.

Dennoch ist es interessant, daß ausgerechnet dann der Schrei nach Verboten und Gegenmaßnahmen erklingt, wenn die Kurden zurückschlagen. Den Krieg, den die Türkei hingegen führt, unterstützt man seit Jahren mit Entwicklungshilfe und Kriegsgerät, während man gleichzeitig die humanitäre Hilfe bosnischer Flüchtlinge zusammenstreicht.

Seitdem deutsche Waren eine Zeitlang von einigen türkischen Bürgern aufgrund verebbender Kriegshilfe boykottiert wurden, scheint die Politik einen erneuten Imageverlust im Ausland zu befürchten. Dies ist wohl der ursächliche Grund, weshalb die Politik genau die Maßnahmen ergreifen will, die türkische Diplomaten fordern. Nach Hoyerswerda hat es über ein Jahr gedauert, bis die ersten Diskussionen über das (erfolglose) Verbot rechter Organisationen aufkamen, nach München und Wiesbaden wird es hingegen wohl nur Wochen dauern, bis die ersten Verbote beschlossen sein werden. Philip Horstmann, Heppenheim

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