Zweiundfünfzig Tage im Hamburger Herbst

■ Eine Chronik der Hamburger Koalitionsverhandlungen zwischen Voscheraus SPD und der GAL: Zum dritten Mal ist der Versuch, einen rot-grünen Senat zu bilden, gescheitert

52 Tage sind vergangen zwischen der Hamburger Bürgerschaftswahl und dem Ende der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grün-Alternativer Liste (GAL). Die taz skizziert die Stationen des Sitzungsmarathons – und das Ende. „Wir haben gezeigt, daß wir auch nein sagen können und nicht zum Nulltarif zu haben sind“, kommentierte der Sprecher der Bundes-Grünen, Ludger Volmer.

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19. September: Die SPD erzielt bei der Bürgerschaftswahl nur 40,4 Prozent, verliert die absolute Mehrheit. Die GAL verdoppelt mit 13,5 Prozent ihr Ergebnis nahezu. Die CDU sackt auf 25,1 Prozent ab, die Wählervereinigung Statt Partei schafft mit 5,6 Prozent auf Anhieb den Sprung in die Bürgerschaft. Bürgermeister Voscherau erklärt: „Eine Anti-Voscherau-Politik mit Voscherau als Aushängeschild wird es mit mir nicht geben.“

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22. September: Voscherau und Statt-Partei-Chef Markus Wegner treffen sich zu einem ersten Gespräch im Hamburger Rathaus.

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24. September: Die Spitzen von SPD und GAL kommen zur ersten Sondierungsrunde im Rathaus zusammen. Bürgermeister Voscherau beharrt in einem Interview auf der Räumung der Hafenstraße. Die Hauptforderungen der Grünen seien für ihn nicht verhandelbar.

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27. September: Voscherau trifft CDU-Chef Dirk Fischer. „Eine Große Koalition ist nicht in Sicht“, sagt Fischer danach. Die CDU stehe nur zur Verfügung, wenn SPD-Verhandlungen mit GAL und Statt Partei scheitern.

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29. September bis 5. Oktober: Weitere Sondierungsrunden zwischen SPD und GAL sowie Statt Partei.

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8. Oktober: Der SPD-Landesvorstand entscheidet sich mit 13 zu 11 Stimmen für Koalitionsverhandlungen mit der GAL. Voscherau, der mit der Statt Partei verhandeln wollte, kann sich nicht durchsetzen.

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13. Oktober: Voscherau legt „politische Eckpunkte“ für die Verhandlungen vor: Er besteht auf Großprojekten wie der vierten Elbtunnelröhre, einer Erweiterung des Hafens und des Flughafens.

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14. Oktober: Nach der ersten Koalitionsrunde sagt GAL-Fraktionschefin Krista Sager, in den Voscherau-Essentials sei „viel Schwarz, eine Menge Grau, kaum Rot und kein Grün.“

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18. Oktober: SPD und GAL sehen Übereinstimmungen beim Wohnungsbau.

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26. Oktober: In der vierten Koalitionsrunde können SPD und GAL sich nicht auf eine gemeinsame Müllpolitik einigen.

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27. Oktober: Die Grünen müssen einen Großteil ihrer Forderungen zum Atomenergieausstieg fallenlassen, da diese auf Basis der bestehenden Verträge nicht umgesetzt werden können. Die SPD bietet an, das AKW Brunsbüttel bis spätestens 2002 vom Netz zu nehmen.

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29. und 30. Oktober: Kein Durchbruch auf einer Koalitionstagung in Norderstedt. Man einigt sich auf parallele Gespräche mit vier statt zwanzig Teilnehmern, um die Verhandlungen voranzutreiben.

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2. November: Erste Koalitionsrunde im kleinen Kreis. Grüne legen umfassendes Koalitionsangebot vor.

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4. November: Die SPD will ihre Position zur Hafenerweiterung „prüfen“.

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6. November: Die SPD überreicht den Grünen den Entwurf für einen Koalitionsvertrag. Die lehnen das Papier ab und präsentieren einen eigenen Entwurf.

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9. November: Der SPD-Landesvorstand beschließt nach stundenlanger Sitzung, die Verhandlungen mit der GAL noch nicht abzubrechen.

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10. November: Voscherau kündigt an, in weiteren Gesprächen nach einem Lösungsweg zu suchen, „der als Brücke betrachtet werden kann, ohne daß die Brücke einstürzt“. Wenige Stunden später erklären die Grünen die Gespräche für gescheitert.