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Brave BürgerInnen sponsern Autonome

■ Autonome hatten NPD aus Coppenbrügge verjagt/ Gemeinde sammelte 2.000 Mark

Unglaubliches ereignete sich am Dienstag in Hameln: Die Antifa Hameln erhielt eine 1.000-Mark-Spende. Einige Tage zuvor hatte auch die Bewegung „Jugend gegen Rassismus in Europa“(JRE) in Köln solch einen Scheck erhalten. Das Geld spendeten die EinwohnerInnen von Coppenbrügge. Die kleine konservative Gemeinde war mit ihren 2.237 Einwohnern am 18.September aus dem Dornröschenschlaf erwacht und in einen Alptraum gefallen. Die rechtsradikale NPD hatte sich unter falschem Namen Coppenbrück als Austragungsort ihres Bundesparteitages ausgesucht. In „Uhdes Hotel“ wollten die 250 NPD-ler die Route für den Bundestagswahlkampf abstecken.

Doch die Antifa Hameln und die JRE hatten von der Aktion der NPD rechtzeitig erfahren. Rund 300 DemonstrantInnen reisten nach Coppenbrügge. Mit Trillerpfeifen und Sprechchören versuchten die Autonomen, die NPD-Versammlung zu stören. Zwei Stunden vor Mitternacht brachen die Rechten ihren Parteitag ab.

Von den 2.237 EinwohnerInnen der Gemeinde brachten nur wenige den Mut auf, gegen die Nazis zu demonstrieren. „Die meisten hatten Angst“, erklärt der Besitzer eines alternativen Buchladens in Coppenbrügge, Heiner Stender, „die haben sich zu Hause verbarrikadiert.“ Der 56jährige Stender war einer der Coppenbrügger Aktivisten gegen den Naziparteitag. „Wir haben die Hilfe der Autonomen wirklich gebraucht. Tatsächlich war es größtenteils ihr Verdienst, daß die NPD aus dem Ort vertrieben wurde.“ Und die Gemeinde, die bei den letzten Kommunalwahlen 47 Prozent der Stimmen für die CDU abgab, zeigte sich dankbar.

Heiner Stender sammelte Geld für die angereisten DemonstrantInnen — mit erstaunlichem Erfolg. „Ich wollte ein Zeichen setzen und zeigen, daß politische Meinungsverschiedenheiten im Kampf gegen rechts keine Rolle spielen. Es haben alle gespendet: die Hebamme, der Landarzt, die Fabrikantin. Über dreihundert Gemeindemitglieder waren dabei!“ Zweitausend Mark konnte Stender am Ende der Sammelaktion verbuchen. die Bürger haben begriffen, was die Polizei immer noch nicht erkennt: Nicht die Autonomen sind eine Gefahr für uns“. Die Freude der Antifa Hameln und der JRE war groß: „In anderen Dörfern haben die Neonazis Spenden für ihren Terror bekommen, in Coppenbrügge haben wir von einigen Bürgern Solidarität erlebt“, schreibt die Antifa Hameln in ihrem Dankesbrief. Vlad Georgescu

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