: Streit um Todesschwadronen in El Salvador
■ UNO und USA üben Druck auf Regierung des mittelamerikanischen Landes aus / Staatspräsident Cristiani weist Enthüllungen über Todesschwadronen zurück
San Salvador (AFP) – Die Regierung in El Salvador sieht sich zunehmendem Druck seitens der USA und der UNO ausgesetzt, die wiederaufgeflammte politisch motivierte Gewalt im Land zu beenden. Der salvadorianische Staatspräsident Alfredo Cristiani von der rechtsgerichteten Regierungspartei Arena wies am Donnerstag in scharfer Form „jegliche ausländische Einmischung“ in die inneren Angelegenheiten seines Landes zurück. Er kritisierte insbesondere die Enthüllungen aus den USA, wonach sein Stellvertreter Francisco Merino und der Arena- Präsidentschaftskandidat für die Wahlen im März kommenden Jahres, Armando Calderon, Verbindungen zu rechtsradikalen „Todesschwadronen“ unterhalten.
„Unser Staat ist souverän“, sagte Präsident Cristiani bei einer Pressekonferenz im Beisein von Merino und Verteidigungsminister Humberto Corado. Seine Regierung werde juristisch prüfen lassen, ob hier nicht eine Verletzung internationaler Verträge in Sachen Spionage vorliege. Die Beschuldigungen gegen Merino und Calderon beruhten lediglich auf „Hörensagen“, daher messe ihnen die Regierung keinerlei Wahrheitsgehalt bei.
Der Beauftragte für interamerikanische Angelegenheiten im Washingtoner Außenministerium, Alexander Watson, hatte zuvor seinerseits in San Salvador die Bedeutung der umstrittenen Dokumente heruntergespielt, die das US-Außenministerium, das Verteidigungsministerium und der US-Geheimdienst CIA in der vergangenen Woche freigegeben hatten. Zugleich betonte er, daß die US-Regierung alles in ihrer Macht Stehende tun werde, um den Friedensprozeß in El Salvador zu einem Abschluß zu bringen.
Der stellvertretende UN-Generalsekretär Marrack Goulding, der sich zur Überwachung des Friedensprozesses seit Montag in El Salvador aufhält, traf bisher in getrennten Sitzungen mit Cristiani, Führungsmitgliedern der früheren Guerillaorganisation und jetzigen Oppositionspartei Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN) sowie mit Vertretern der UN-Beobachtermission für El Salvador (Unosal) zusammen. Mit einer Erklärung Gouldings wurde nicht vor Sonntag, dem Tag seiner Rückreise nach New York, gerechnet.
Auslöser der Missionen von Watson und Goulding waren die Attentate der vergangenen Tage, bei denen fünf teils hochrangige FMLN-Mitglieder und ein Mitglied der Regierungspartei erschossen worden waren.
Für die Anschläge gegen die FMLN-Aktivisten werden die Todesschwadronen verantwortlich gemacht, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Umsetzung des Friedensabkommens von 1992 zu verhindern, mit dem ein Schlußstrich unter den zwölf Jahre andauernden blutigen Bürgerkrieg in dem mittelamerikanischen Land gezogen wurde. In den achtziger Jahren töteten die Todesschwadronen Hunderte von linksgerichteten Gegnern der Regierung.
Nach Angaben der New York Times geht aus den jetzt freigegebenen Dokumenten über Menschenrechtsverletzungen in El Salvador hervor, daß die Regierungen der früheren Präsidenten Ronald Reagan und George Bush über die Verbindungen zwischen Todesschwadronen und der Staatsführung in El Salvador informiert waren, diese Kenntnisse dem UN- Kongreß jedoch bewußt vorenthielten. Die Militärhilfe der Vereinigten Staaten für die rechtsgerichtete Regierung El Salvadors während des Bürgerkrieges beläuft sich auf eine Milliarde US- Dollar.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen