: „Staatliche Machtdemonstration“
■ „MesopotamischerKulturverein“ erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei und Amtsgericht wegen Durchsuchungen
Mit einer elfseitigen Begründung hat der Anwalt des „Mesopotamischen Kulturvereins“, Eberhard Schultz, die Herausgabe aller bei den beiden Durchungen am 4. und am 9.11. beschlagnahmten Gegenstände beantragt. Die Polizei hatte im Neustädter Lokal des größten kurdischen Kulturvereins in Bremen u.a. regalweise Bücher, Aktenordner, Videokassetten, Plakate, Fahnen, Bilder, Schreibmaschinen, einen Fotokopier und ein Faxgerät sowie die Folklorekleidung einer Kindertanzgruppe und zwei Saz-Musikinstrumente mitgenommen (vgl. taz vom 10.11.). Das Bremer Amtsgericht hatte die Durchsuchung am 9.11. in Amtshilfe für das Bundesinnenministerium genehmigt, das damit prüfen wollte, ob sich hinter dem Bremer Verein eine „Ersatz- oder Folgeorganisation“ der militanten kurdischen Arbeiterpartei PKK verberge.
Anwalt Schultz kommt in seinem Antrag zum Ergebnis, daß diese Beschlagnahme „gegen die Grundrechte der Menschenwürde, der Meinungsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit, der Unverletzlichkeit der Wohnung, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die Gewaltenteilung und die Unschuldsvermutung“ verstoße.
Durch diesen „fast uferlosen Beschlagnahmeumfang“, bei dem „außer dem Mobiliar und dem Geschirr und der Kücheneinrichtung alles mitgenommen wurde“, sei der Kulturverein jetzt praktisch handlungsunfähig. Als Hintergrund kann sich Anwalt Schultz deshalb auch nur einen „politischen Charakter“ vorstellen. „Mit dem Großaufgebot der Polizei, dem gewaltsamen Eindringen und der uferlosen Beschlagnahme unter Mißachtung gesetzlicher Vorschriften, wurde also offensichtlich das Ziel verfolgt, einerseits die Vereinsmitglieder einzuschüchtern und andererseits die besondere Gefährlichkeit des Vereins öffentlich zu demonstrieren“, heißt es in seinem Antrag.
Außerdem vermutet Anwalt Schultz hinter dieser „staatlichen Machtdemonstration“ auch die „Bedürfnisse türkischer Behörden, die offenbar flächendeckend Personaldaten oppositioneller Kurden habhaft werden wollen“. Deshalb hat er neben der Aufhebung der Beschlagnahmung auch ausdrücklich eine Versicherung verlangt, „daß Erkenntnisse aus dieser Aktion keinerlei Verwendung insbesondere gegenüber türkischen Dienststellen finden“.
Harsche Kritik hat Anwalt Schultz schließlich auch noch an der Begründung des Verwaltungsgerichts für die Durchsuchung. Sie solle „zum Auffinden von weiteren Beweismitteln über Täter und Hintermänner der offensichtlich gelenkten Aktion (gemeint sind die europaweiten Anschläge auf türkische Einrichtungen in der vorvergangenen Woche) dienen, deren Ursprung nach dem Stand der Ermittlungen dem Sympathisantenkreis der PKK zuzuordnen ist, die den mesopotamischen Kulturverein betreibt“. Daß die PKK den Bremer Verein betreibt werde damit als feststehende Tatsache hingestellt. Schultz: „Eigentlich müßte dies ausreichen, um die Befangenheit des Amtsrichters in diesem Verfahren zu begründen. Ase
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