: „Wir wollen als Nicht-Regierungsorganisation politischen Druck ausüben“
■ Elenor Richter-Lyonette ist Sprecherin des internationalen Frauen-Netzwerks zur Unterstützung des Internationalen Kriegsverbrechertribunals zu Ex-Jugoslawien
taz: Wie kam es zur Gründung Ihres internationalen Netzwerks von Frauen und Frauengruppen?
Richter-Lyonette: Anstoß war ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin des UN-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR Ende letzten Jahres. Dabei wurde deutlich, daß den in Ex-Jugoslawien tätigen humanitären Organisationen der UNO die Massenvergewaltigungen in Bosnien-Herzegowina schon mehrere Monate vor ihrer Veröffentlichung in den Medien im August 92 bekannt waren.
Das Thema wurde offenbar im UNO-Apparat verdrängt, das Problem wurde tabuisiert – und was hinzu kommt: es wurde nicht adäquat darauf reagiert.
Was ist das Ziel des Frauen- Netzwerks?
Zum einen die Herstellung von mehr Öffentlichkeit über das Kriegsverbrechertribunal und von mehr Transparenz hinsichtlich der Beachtung, Durchsetzung und Fortentwicklung von frauenspezifischen Menschenrechten.
Zum zweiten geht es darum, die Opfer frauenspezifischer Menschenrechtsverstöße und Kriegsverbrechen als Subjekt wahrzunehmen. Drittens wollen wir als Nicht-Regierungsorganisationen politischen Druck ausüben.
Welche Menschen haben das Frauen-Netzwerk bislang getragen?
In erster Linie Frauen aus Österreich, Frankreich, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, der Schweiz und den USA. Sie kommen aus Menschenrechtsgruppen, Frauen- und Jugoslawienorganisationen. Und sie kommen aus dem juristischen Bereich. Die meisten haben Erfahrung mit Kriegsarchiven.
Aus der humanitären Arbeit und aus der Spendenarbeit haben sich im Frauen-Netzwerk interdiziplinäre Teams zusammengefunden.
Bei einem ersten Treffen mit der Genfer Expertenkommission Mitte September diesen Jahres haben wir Formen der Zusammenarbeit verabredet.
Seitdem haben wir die Kommission mit Menschen und Gruppen aus Deutschland und anderen Ländern zusammengebracht, die für das Kriegsverbrechertribunal wichtige Materialien und Beweise sammeln.
Quellen werden dabei nur dann weitergegeben, wenn der Personenschutz gewahrt wird. Am 25. November findet in Genf ein zweites Treffen zwischen der Expertenkommission und dem Frauennetzwerk statt. Dabei sollen die bisherigen Ergebnisse der Kommissionsarbeit diskutiert werden.
Kontaktadresse:
Oltener Kreis
c/o N. Elenor Richter-Lyonette
62 Route De Clementy
CH-1260 Nyon
Tel/Fax 0041/22/3623003
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