: Großer Ampel-Streit um Autos in der City
■ Grüner Bau-Sprecher Mützelburg legt Amt nieder / SPD: War nicht so gemeint
Am Auto scheiden sich die Geister. Entnervt legte am Montag nachmittag der Sprecher der Baudeputation, der Grüne Dieter Mützelburg, sein Amt nieder und trat aus der Deputation zurück: Nachdem die SPD-Fraktion die in den Koalitionsvereinbarung verabredete Reduzierung des Innenstadt-Verkehrs aus Sorge um ihre Wahlchancen 1995 abgelehnt hatte (vgl. taz 14.11.), hatte er harte Konsequenzen gefordert: Die Grünen sollten keinerlei Straßenbau-Projekten mehr zustimmen und dies auch in der laufenden Haushaltsdebatte, solange der andere Teil der Ampel-Politik, die „autoarme Innenstadt“, blockiert wird. Doch die Grünen wollten keine Kampfansage, die mit dem Thema das Schicksal der Ampel verbunden hätte, sondern nur in der Koalitionsrunde darüber reden. Das war Mützelburg zu wenig: „Ich persönlich mache jetzt seit zwei Jahren Verkehrspolitik. Jeder der Konflikte ist so ausgegangen, daß die SPD vor der Handelskammer kuscht. Wenn man sieht, daß es für das, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, keinen Rückhalt in der Koalition gibt, dann kann ich das als Sprecher der Baudeputation nicht mehr vertreten.“ Sein Rücktritt sei „nicht nur Frust, es ist auch eine politische Entscheidung. Das ist auch ein Zeichen nach innen: Verkehrspolitik hat in der grünen Fraktion nicht den notwendigen Stellenwert.“ (vgl. a. „Nachgefragt“ S. 18)
Mützelburg wußte, daß er mal wieder zwischen alle Stühle geschickt werden sollte: Noch am Montag abend war ein Treffen mit Verkehrsinitiativen und grünen Beiräten verabredet, auf der die grüne Inkonsequenz heftig kritisiert wurde. Denn eigentlich steht in der Koalitionsvereinbarung viel mehr als jetzt von der SPD abgelehnt wurde: Nicht Verlagerung von PKW-Verkehr hatten die Koalitionäre 1991 verabredet, wie sie von der Bausenatorin jetzt als „Stufe 1“ geplant und von ihrer Fraktion abgelehnt wurde, sondern die Reduzierung. Zentraler Zankapfel ist die Martinistraße: Laut Koalitionsvereinbarung soll sie zur Fußgängerzone gemacht werden, um die Stadt zum Fluß zu öffnen. Möglicherweise soll sogar die Straßenbahn aus der Obernstraße verlagert werden, die Linien 2 und 3 sollen als erste 1994 die neuen Wagen erhalten und zur „Stadtbahn“ werden. Die SPD will nicht einmal die PKW-Verkehre auf eine Spur begrenzen. In Aachen oder Lübeck setzt die SPD allein moderne Innenstadt-Konzepte durch, in Bremen kämpfen selbst die Grünen nur halbherzig dafür. Ortsamtsleiter Dietrich Heck: „Die haben Angst davor, daß die Beiräte das irgendwann mal umgesetzt sehen wollen, was in der Koalitionsvereinbarung beschlossen ist.“
Nachdem der Rücktritt Mützelburgs bekannt wurde, hat der SPD- Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner aus Wiesbaden mitgeteilt, der SPD-Fraktionsbeschluß sei so nicht gemeint gewesen. Es seien nur „Bedenken“ angemeldet worden, die jetzt in den Koalitionsausschüssen weiter beraten werden müßten. Die Grünen haben derweil beantragt, daß dies vor vor den Haushaltsberatungen passieren soll. K.W.
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