: Reisbällchen für den fliegenden Holländer
■ Jürgen Ebertowski liest heute aus seinem neuen Krimi „Esbeck und Mondrian“
Am Anfang war der Mord: Peter de Brook ist Holländer und lebt als Übersetzer in Japan. Zufällig gelangt er an geheime Korrespondenz der Chemie-Firma Kokubo, die in Wirklichkeit ein Geldwaschbetrieb des skrupellosen Yamaguchi-Syndikats ist. Er hätte wissen müssen, daß man dieses Syndikat besser nicht erpreßt... Zwar wird der bärtige „Haarmensch“, wie ihn seine neuen japanischen Geschäftsfreunde nennen, zu Verhandlungen in einen Nobelort im Gebirge eingeladen, aber die Fahrt dorthin verläuft anders als erwartet: Während de Brook hungrig seine Reisbällchen verspeist und von einem heißen Bad im Luxushotel träumt, sucht sein Begleiter Tanaka nach geeigneten Geröllbrocken, um ihm den Garaus zu bereiten. Sekunden später segelt ein „Fliegender Holländer“ der Talsohle entgegen.
In Jürgen Ebertowskis Krimi Esbeck und Mondrian bleibt der Holländer de Brook vorerst der einzige Tote. Alles weitere spielt sich zunächst auf dem Kunstmarkt ab. Direktor Fujita, wichtigster Mann des Kokubo-Konzerns, hat eine Leidenschaft, die ihn mit vielen Japanern verbindet: Er schwärmt für neuzeitliche europäische Malerei. Insbesondere die Ausgewogenheit der Farbakzente bei Piet Mondrian hat es ihm angetan; nur leider sind seiner Sammlerleidenschaft Grenzen gesetzt, denn die Finanzbehörden dürfen mitnichten von den großen Summen Wind bekommen, die er bei Auktionen auf den Tisch legen müßte. Also muß Mondrians „Wald bei Oele“, den der Direktor so sehr begehrt und der sich noch dazu im Besitz des Den Haager Gemeentemuseums befindet, einen anderen Weg als den legalen nehmen, um in seine ansehnliche Privatsammlung zu gelangen.
Klar, daß Fujita bei so wichtigen Transaktionen keine Rücksicht auf kleine Fische wie de Brook nehmen kann, die seine Pläne durchkreuzen könnten. Aber es gibt noch jemanden, der sich in Jukjitas dichtem Netz aus großen Verbrechen und kleinen Gaunereien wiederfindet: Klaus Esbeck, Deutsch-Holländer, Aikido-Fan und de Brooks Nachfolger bei der Übersetzungsagentur. Er macht sich daran, die Fäden zu entwirren - und muß letztendlich auch um sein Leben fürchten.
Eisbeck und Mondrian ist ein Buch, das man gerne liest, denn die Helden sind sympathisch, essen und trinken gerne und gut, und die Bösewichte sind so richtig kaltblütig. Ein gemütlicher Krimi zum Genießen, der gut in die Vorweihnachtszeit paßt und doch nicht so fesselt, daß man das Geschenkekaufen vergißt. Nicht zuletzt ist es auch ein Buch über Westeuropäer und Asiaten und deren Bild vom anderen: Etwa wenn eine Japanerin die beiden deutschen Herren, die sich gerne auf eine einladend grüne Wiese legen würden, als „ignorante Barbaren“ beschimpft: schließlich seien japanische Gärten ausschließlich zum meditativen Betrachten bestimmt. Eine gelungene Kombination aus spannender Story und Kulturreport. Birgit Maaß
Buchhandlung im Schanzenviertel, Schulterblatt 55, 19.30 Uhr
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