: Betr.: "Baden zusammen"
Die Badewanne, das fremde Wesen. Am Anfang kriecht sie wie ein Käfer auf die Bühne und verrichtet ihre Notdurft. Am Ende liegt sie unter dicken Plastikplanen begraben und war Zentrum und Schauplatz eines Badefestes nach Schweizer Art. In der Regie von Ruedi Häusermann lassen Theo Huser und Jörg Kienberger eine Art gesamtkunstwerklicher Ode an die Wanne entstehen. Während sie ängstlich darüber wachen, daß das Wasser einläuft, schrummeln, schrammeln, hacken und zupfen sie auf allerlei skurrilen Instrumenten ihre symphonische Vorfreude. Als es dann fast so weit ist, pinselt Huser auf eine Leinwand aus Blech eine schauerlich klingende Welle, während Kienberger ein Volkslied säuselt. Mit feierlicher Schamhaftigkeit entkleiden sie sich endlich und begehen das Badeereignis an sich – natürlich nicht ohne wohldosierten Slapstick. „Mach Barsch“ sagt Huser immer wieder, und Kienberger hängt sich über den Wannenrand und schnappt brav nach Luft. Oder er inszeniert per Strippenzug einen Höllenlärm in der hintersten Ecke des Zuschauerraumes, um – von den Augen des Publikums ungestört – nackt nach der herausgeflutschten Seife zu wetzen.
Als Höhepunkt ihrer gemeinschaftlichen Waschaktion funktionalisieren Huser und Kienberger die heilige Wanne zur Puppenbühne um und improvisieren ein Räuberspiel mit sanitären Instrumenten. Gesprochen wird eigentlich nur hier, sonst brummt oder fiept man oder läßt das Wasserplätschern und -tropfen für sich selbst reden: eine Badeexerzitie, ein Mobile in Wasser, Klang, Blech und Mensch. Kaum mehr als eine Stunde dauert die Aufführung, ist bizarr und komisch, naß und geräuschvoll und den Weg in den 3. Stock der Volksbühne wert. peko/Foto: David Baltzer
„Baden zusammen“. Nächste Aufführung: heute, 20 Uhr, Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz.
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