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Seveso in Schönberg: Neue Indizien

■ Monitor: Auf der Deponie lagern noch mehr als 41 Dioxin-Fässer

Auf der Sondermülldeponie Schönberg bei Lübeck lagern wohl doch 41 Fässer mit dem Ultra-Gift Dioxin. Das ARD-Politmagazin „Monitor“ berichtete gestern abend, außer den Fässern aus Seveso seien weitere 150 Tonnen dioxinhaltigen Mülls in Schönberg vergraben worden. Das Fernsehmagazin präsentierte dazu neue Dokumente sowie einen italienischen Zeugen, der 1983 für den geheimen Transport der Dioxin-Fässer quer durch halb Europa mitverantwortlich gewesen sein soll.

Bei dem Gift handelt es sich um Reaktorrückstände, die schon 1976 beim Brand einer Chemiefabrik in der norditalienischen Stadt Seveso entstanden. Diese seien entgegen offiziellen Angaben nicht in einem Baseler Verbrennungsofen vernichtet worden, sondern falsch deklariert nach Frankreich gekarrt und schließlich in Schönberg vergraben worden.

Der Schweizer Chemie-Konzern Hoffmann La Roche, dem die Unglücksfabrik gehörte, dementierte die WDR-Angaben erneut.

Der Dioxin-Verdacht wurde vor drei Wochen erstmals vom belgischen Europa-Abgeordneten Paul Staes und vom Lübecker Grünen-Politiker Klaus Wollnitzer geäußert (taz berichtete mehrfach). Seitdem fahnden Suchtrupps, bislang erfolglos, auf der Deponie nach den Fässern mit dem Ultragift.

Auch die Vernehmung mehrerer angeblicher Augenzeugen, unter ihnen ein Ingenieur, ein Baggerführer und ein LKW-Fahrer, durch die Staatsanwaltschaft in Schwerin hat das Dunkel um die Affäre noch nicht lichten können.

Der SPD-Obmann im Schönberg-Untersuchungsausschuß des Schweriner Landtages, Henning Klostermann, forderte gestern, nach den neuerlichen Berichten sei eine Sondersitzung des Schönberg-Ausschusses des Schweriner Landtags dringender denn je. Der Verdacht seiner Partei, daß auf der Deponie eine hochgefährliche Zeitbombe ticke, scheine sich zu bestätigen. Auch die anderen Fraktionen im Landtag forderten gestern eine umfassende Klärung. smv

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