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Mit Überzeugung für Eko-Stahl

Wirtschaftsminister Rexrodt nach der gescheiterten Stahlsitzung in Eisenhüttenstadt / Anerkennung für Beschäftigungsabbau  ■ Von Niklaus Hablützel

Eisenhüttenstadt (taz) – Der Besuch war lange vorher geplant. Überaus pünktlich trotz des einsetzenden Schneetreibens landete denn auch der Hubschrauber des Ministers auf dem Sportplatz der Eko-Stahlwerke. Gute Nachrichten allerdings hatte der Mann aus Bonn nicht mitzubringen. In der Nacht zum Freitag war die Sitzung der Europäischen Industrieminister zuletzt an der deutschen Forderung gescheitert, im Falle der ehemaligen DDR-Stahlwerke in Eisenhüttenstadt staatliche Subventionen zu gestatten. Das Ergebnis der Brüsseler Sitzung war bekannt. Die Stimmung im Betrieb, an den Schmelzöfen und im Kaltwalzwerk gedrückt. Unverdrossen ließ sich Rexrodt dennoch im Eilzugtempo durch die Anlagen schleusen, blieb höchstens zwei Minuten hier und da stehen. „Eine hervorragende Arbeit wird hier geleistet“, sagte er anschließend vor der Presse. Anerkennenswert fand Rexrodt vor allem auch, „daß hier Beschäftigung abgebaut worden ist.“ Betriebsräte, mit denen der Minister nur kurz hinter verschlossenen Türen sprach, sehen das bekanntlich anders. Sie kritisieren, daß der Favorit der Treuhand, der italienische Riva-Konzern nur noch 1.700 Arbeitsplätze langfristig übriglassen will.

In Brüssel gescheitert ist diese Privatisierungslösung jedoch nicht wegen des Arbeitsplatzabbaus, sondern daran, daß mit staatlicher Beihilfe eine neue Kapazität auf dem heiß umkämpften Markt für warmgewalzten Qualitätsstahl entstehen soll. Minister Rexrodt sagte, ihm sei es zwar gelungen, die Widerstände mehrerer Länder, vor allem Luxemburgs und Dänemarks zu überwinden. Nur Großbritannien blieb bis zum Ende hart. Leicht zu erklären: Großbritannien besitze heute eine leistungsfähige kleine Stahlindustrie, die keine Subventionen mehr nötig hat, so Rexrodt nicht ohne Neid. Deshalb falle es den Briten leicht, auf Grundsatzpositionen zu bestehen.

Trotz allem setzt Rexrodt auf einen Durchbruch am 17. Dezember, dem Tag, an dem sich die Industrieminister erneut zur Stahlrunde treffen. Etwas anderes wäre dem Minister in der Kantine in Eisenhüttenstadt wohl auch kaum zu entlocken gewesen. Über Einzelheiten des Riva-Konzepts brauchte er sich nicht äußern. Das sei Sache der Treuhand und im übrigen könnten Detailverhandlungen den Widerstand der Briten wohl auch nicht brechen. Die Lösung könne nur in einem europäischen Gesamtpaket gefunden werden, zu dem aber die ostdeutschen Stahlstandorte gehören müßten. Einig mit seinen europäischen Partnern ist Rexrodt jedoch in der Frage der Subvention für den italienischen Ilva-Konzern. Italiens Minister habe bisher nicht überzeugend darstellen können, wie sein Land den Vorgaben des europäischen Stahlkonzepts entsprechend Kapazitäten stillegen wolle.

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