■ Ost-West-Schiene
: Haste mal 'n Bett?

Seit vier Jahren versuchen Politiker mit viel Geduld und Geld, jedoch wenig erfolgreich, Ost und West einander näherzubringen. Verkehrssenator Haase aber, der die Zeichen der Zeit erkannt hat, schafft es, wovon andere nur träumen können: BerlinerInnen östlicher und westlicher Abstammung einander näherzubringen – und dabei noch zu sparen. Doch keiner dankt es ihm. Auch nicht die Fraktion Bündnis 90/Grüne, die den Senat auffordert, unverzüglich einen Wochenend-Nachtverkehr auf der gerade eine Woche alten U 2 von Ruhleben bis Vinetastraße einzurichten. Eine Benachteiligung und Degradierung der Ossis wurde von den Mitgliedern aller Parteien einstimmig beklagt. Doch welch voreilige Kritik!

Obwohl Haases Begründung, daß für einen Nachtverkehr zwischen Potsdamer Platz, Alex und Prenzlauer Berg nach Untersuchungen seiner Verwaltung kein Bedarf bestünde, schwer nachzuvollziehen ist, ist seine Absicht bewundernswert. Zumindest Haase scheint in seiner Funktion als Senator für Verkehr (!) nicht entgangen zu sein, daß die zwischenmenschlichen Beziehungen Ost-Weiblein und West-Männlein und umgekehrt noch arg zu wünschen lassen und die Geburtenrate im Osten seit dem Zusammenbruch der sozialistischen Kinderwiege extrem gesunken ist.

Raffiniert, raffiniert, durch die Ausgrenzung der Ostler vom U-Bahn-Nachtverkehr die OstlerInnen in die Arme der WestlerInnen zu treiben oder umgekehrt. Von „Haste mal 'ne Mark“ zu „Haste mal 'n Bett“. Der Rest ergibt sich schon. Und die Verkehrsverwaltung kann sparen. Aber spätestens im Jahre 2008, wenn all die Haase-Wossis im vergnügungssüchtigen Alter sind, sollte erneut über den Nachtverkehr am Wochenende zwischen Potsdamer Platz und Prenzlauer Berg nachgedacht werden. Barbara Bollwahn